Genial einfach – Einfach genial

Das Doppelkupplungsgetriebe (DCT – Dual Clutch Transmission) ist bei Autos schon länger weit verbreitet. Aber es gibt auch Motorräder, die diese Form des Automatikgetriebes verwenden, das sich auch von Hand schalten lässt. Leider derzeit nur von Honda.

Automatische Getriebe, also Fahrzeuggetriebe, die den Gangwechsel selbsttätig vornehmen, gibt es schon lange. Sie werden aber vor allem von den Fahrern größerer Autos geschätzt. In einer V8- Limousine schalten zu müssen, würde ich als Zumutung empfinden. Bei meinem CLK 320 war ich zunächst skeptisch, da es sich ja um ein eher sportliches Auto handelt. Bald schon aber war es für mich o. k., den Drehmomentfluss von den 218 Cavalli unter der Haube zu den Hinterrädern nicht mehr händisch verwalten zu müssen.

Automatik bei Auto und Motorrad

Automatikgetriebe mit hydraulischem Wandler gibt es wie gesagt schon lange. Sie sind schwer, teuer und irrsinnig kompliziert aufgebaut. Das Doppelkupplungsgetriebe hingegen ist genial einfach und lässt sich zudem wahlweise automatisch oder per Hand schalten. Arbeitet es automatisch, wird es von einem Computer gesteuert. Daher ist die Anpassung auf vielerlei Fahrsituationen anhand von Parametern aus der Fahrzeugelektronik lediglich eine Frage der Software.

Das Doppelkupplungsgetriebe ist bei Honda nichts Neues: Schon diese 2009 vorgestellte VFR 1200F besaß ein solches (Bild: PekePON/Lizenz: CC Attribution-Share Alike 4.0 International)

Es gab wohl auch schon früher Motorräder mit Automatik, aber die waren selten. Bei kleinen Motorrollern ist heute die Variomatic Standard. Aber die ist, wenn auch stufenlos und genial einfach, eher etwas für kleinere Leistungen. Ein herkömmliches Automatikgetriebe dürfte sich zwar vielleicht auch für die Abmessungen eines Motorrads adaptieren lassen. Mit einem Doppelkupplungsgetriebe geht das aber sehr viel einfacher.

Doppelkupplungsgetriebe – ein etwas irreführender Name

Der Ausdruck Doppelkupplungsgetriebe ist meiner Ansicht nach etwas unglücklich gewählt, wenn auch prägnant. Bei einer solchen Drehmomentübertragung sind nämlich nicht nur zwei Kupplungen, sondern zwei komplette Getriebe vorhanden.

Ein herkömmliches hydraulisches Automatikgetriebe lässt sich in gewisser Weise auch von Hand schalten. Man kann zum einen den Fahrbereich wählen und damit in gewissen Situationen einen Gangwechsel hervorrufen. Man kann auch meist durch Gaswegnehmen rauf und durch einen beherzten Tritt aufs Gaspedal runterschalten – der berühmte Kickdown-Mechanismus. Das ist aber nicht das gleiche wie Schalten mit der Hand.

Sicherlich kann man auch den Vorgang des Schreibens mit einer H-Schaltung oder dem Schaltautomaten eines Motorrads computerisieren. Das ist aber sehr umständlich, auch wenn so natürlich echtes Schalten mit der Hand bzw. dem Fuß möglich wäre. Mit dem Doppelkupplungsgetriebe geht es wesentlich einfacher.

Die Funktionsweise des Doppelkupplungsgetriebes

Das Prinzip des DCT ist watscheneinfach. Wie gesagt, es gibt zwei komplette Getriebe, in dem einen stecken die geraden, in dem anderen die ungeraden Gänge. Da man in der Regel einen Gang rauf oder runter schaltet, liegt so der neue Gang immer im jeweils anderen Getriebe.

Doppelkupplungsgetriebe - Funktionsweise
Das Prinzip des Doppelkupplungsgetriebes: Das Getriebe, mit dem man gerade fährt ist eingekuppelt. Der neue Gang wird im anderen Getriebe eingelegt, dann das eine aus- und das andere eingekuppelt. Bonus: Es gibt kaum eine Unterbrechung im Drehmomentfluss (Bild: A7N8X/Lizenz: CC Attribution-Share Alike 3.0 Unported)

Das Getriebe, welches den Gang enthält, in dem man gerade fährt, ist natürlich eingekuppelt. Das andere ist ausgekuppelt. Steht nun ein Gangwechsel an, lässt sich der neue Gang im anderen Getriebe in aller Seelenruhe einlegen. Wenn das geschehen ist, wird das Getriebe mit dem alten Gang ausgekuppelt und das mit dem neuen eingekuppelt. Das ist schon alles. O. k., es gehört natürlich noch Drive by Wire dazu, damit der Fahrzeugcomputer das Gas zum Gangwechsel wegnehmen kann.

Automatisch oder per Hand

Der Gangwechsel ist natürlich ein computerisierter Ablauf. Es ist kein Problem, diesen auszulösen, wenn der Computer den entsprechenden Knopfdruck erkennt. So wird von Hand geschaltet. Genauso einfach kann der richtige Zeitpunkt des Gangwechsels aber auch vom Computer ermittelt und dieser dann automatisch ausgelöst werden. So wird automatisch geschaltet.

Ein herkömmliches automatisches Getriebe kann eigentlich nur Drehzahl und Unterdruck im Ansaugtrakt als Kriterien für den Schaltzeitpunkt verwenden. Und mechanisch ist das sehr aufwendig. Das Variieren der Reaktion auf diese Parameter anhand des gewählten Fahrbereichs ist noch aufwendiger.

Wie viele Regelvorgänge wird das aber mit dem Computer sehr einfach. Wann er welchen Gangwechsel auslöst, kann der Computer anhand aller möglicher Daten entscheiden, die im System vorhanden sind. Das funktioniert natürlich beim Auto genauso gut wie bei Motorrad.

Das kleine Geheimnis des alten Herrn mit dem Doppelkupplungsgetriebe

Als ich einmal in Ulm wohnte, hatte ich ein sehr nettes, urschwäbisches Ehepaar als Nachbarn. Ihren Namen verrate ich hier natürlich nicht. Aber als meine damalige Lebensgefährtin sie mir nannte, meinte ich spontan, dass man wohl kaum schwäbischer heißen könne als die beiden. Die zwei besaßen einen kleinen, roten Peugeot mit einem Doppelkupplungsgetriebe.

Nun war sie einmal im Krankenhaus, als ich ihn traf. Er erzählte mir das, und verriet mir verschmitzt ein kleines Geheimnis: Jetzt, wo seine Frau im Krankenhaus war, sei er ja immer allein mit dem Auto unterwegs. Und da würde er immer selbst schalten. Das dürfe er nämlich nicht, wenn seine Frau dabei war, weil die das zu gefährlich fand.

Motorrad mit Doppelkupplungsgetriebe

Ob man nun beim Motorrad das Schalten einer Automatik überlassen will, ist natürlich Geschmackssache. Ich persönlich schalte lieber nach alter Väter Sitte mit dem linken Fuß. Ich las einmal einen Spruch, der sagte, dass man, solange man Motorrad fahre immer jung, gesund und reich sein werde. Leider stimmt das höchstens im übertragenen Sinne.

Honda NC750X mit Doppelkupplungsgetriebe
Honda bietet mehrere Modelle mit Doppelkupplungsgetriebe an: Hier eine NC750X mit dieser Drehmomentübertragung (Bild: AndreasMacher/Lizenz: CC Attribution-Share Alike 4.0 International)

Auch Biker werden älter wie ich natürlich von mir selbst weiß. Und wenn man älter wird gibt es halt leider dieses und jenes Zipperlein. Meine Elfie besitze ich, weil der Bruder, der sie mir verkaufte, nicht mehr fahren kann. Er hat nämlich Probleme mit dem Knie, sodass ihm das Schalten übel weh tut. So etwas ist sicher nicht selten, die Knie sind halt mal ein neuralgischer Punkt, wenn man älter wird. Und da ist ein Motorrad mit Automatik natürlich die Lösung. Und speziell natürlich das Doppelkupplungsgetriebe, weil es sich problemlos auch im Motorrad verbauen lässt.

Auf das Thema gestoßen bin ich, als ich hier über die Honda NT1100 berichtete. Denn die kann man mit einem solchen Doppelkupplungsgetriebe ordern. Das ist aber nicht mal etwas Neues, denn bereits 2009 gab es eine Honda mit einer solchen Automatik: die VFR 1200. Auch beim Auto gibt es das Doppelkupplungsgetriebe ja auch nicht erst seit heute Vormittag. Mittlerweile gibt es sogar mehrere Modelle mit DCT bei Honda.

Leider ist nach meinen Recherchen Honda derzeit der einzige Hersteller, bei dem man so etwas bekommt. Überhaupt ist die Luft bei Motorrädern mit Automatik sehr dünn. Es gibt da noch die Yamaha FJR 1300 AJS mit einer Halbautomatik, die man wahlweise mit dem Fuß oder per Knopfdruck schalten kann. Und dann noch die Aprilia Mana 850, die ein Riemengetriebe ähnlich der bei Rollern verbauten Variomatic besitzt. Ansonsten findet man nur Bikes mit Schaltassistenten, die aber nicht dem linken Fuß die Arbeit abnehmen. Und ein Elektromotorrad möchte ich doch lieber nicht empfehlen…