Das Superbike der Siebziger

Zu ihrer Zeit war sie das größte und stärkste Motorrad, dass man für Geld kaufen konnte: die Münch-4. Mit ihren zunächst 1000 und dann 1200 cm³ Hubraum hielt sie mit den größten Engländerinnen der alten Tage und Harley-Davidson mit. Sie beanspruchte für sich, das stärkste und schnellste Serienmotorrad der Welt zu sein und war später das erste, das mit einer Einspritzanlage ausgerüstet war.

Mitte der siebziger Jahre beherrschten die Japaner den deutschen Motorradmarkt. BMW hielt sich tapfer und bot mit der R 90 (Haach, in Silberrauch, was ein Bike!) auch ein Traummotorrad an. Die 750er Honda und die 900er Kawa spielten in der gleichen Liga. Aber die Münch 4 stellte alles in den Schatten.

Die Münch-4: ein Hand Crafted Bike

Allerdings war sie auch kein Massenmotorrad, sondern sozusagen hand crafted. Sie wurde nur in Kleinserien gebaut, individuell ausgestattet und war natürlich auch vom Preis her Spitzenklasse. Für die 10.000 Emmchen , die man zunächst dafür hinlegen musste, hätte man bald zwei 500er Hondas haben können. Und die war eigentlich die teuerste 500er der damaligen Zeit.

Münch-4 TTS im Museum
So sah sie aus, die Münch-4 TTS: Hier in guter Gesellschaft im Barber Vintage Motorsports Museum in Birmingham/Alabama USA (Bild: Thilo Parg Wikimedia Commons/Lizenz: CC-BY-SA-3.0)

Das erste Modell der Münch-4 von 1966 war noch mit einem 1085 cm³-Automotor von NSU ausgerüstet. Einem luftgekühlten Vierzylinder-Viertakter mit obenliegender Nockenwelle. Damit griff sie gewissermaßen den japanischen Reihen-Vierzylindermotoren vor, die kurz darauf Maßstäbe im Motorradbau setzten. Ab 1968 gab es dann den etwas größeren 1177 cm³-Motor, ebenfalls von NSU. Das war immer noch vor dem Erscheinen der Honda CB 750 Four, die den Reihen-Vierzylinder dann so richtig in den Motorradbau einführte.

Vergaser- und Einspritzer-Münch-4

Die Münch-4 TTS war zunächst mit zwei Weber-Doppelvergasern ausgerüstet. Damit erreichte sie 88 PS bei 6500 Umdrehungen/min. Für den Motor hatte Friedel Münch, der Konstrukteur und Hersteller, auf vorhandene Teile aus dem Automobilbau zurückgreifen können. Beim Fahrwerk ging er eigene, ganz neue Wege: Das Hinterrad war aus Elektron gegossen, einer Magnesiumslegierung, die über 90 % Magnesium enthält. Aus dem gleichen Material waren auch weitere Teile des Fahrwerks wie etwa die Hinterradschwinge.

Ein Schnittmodell des Vierzylinder-NSU-Motors der Münch-4 (Bild: Stahlkocher/Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported)

Ab 1973 gab es dann die Münch-4 TTS-E. statt der Weber-Vergaser besaß sie eine Kugelfischer Saugrohreinspritzung und leistete 100 PS. Sie konnte sich aber offensichtlich nicht durchsetzen, wohl auch, weil sie damals bereits fast 20.000 DM kostete.

Schnell und Teuer

Die Höchstgeschwindigkeit war zunächst mit 230 km/h angegeben. Bei einem Test der Mutter aller Motorradzeitschriften, MOTORRAD, erreichte die Münch allerdings nur 206,9 km/h. Fortan stand dann „über 200 km/h“ im Prospekt.

1976 kostete die Münch-4 TTS 18.095 DM. Für das Geld bekam man damals schon fast einen 230er Mercedes. Die Münch war also nie ein Motorrad, das sich in Massen absetzen ließ wie zum Beispiel die japanischen Vierzylinder. Ein großer wirtschaftlicher Erfolg war dieses Ausnahme-Motorrad nie. Schon 1971 musste Friedel Münch Konkurs anmelden und verkaufen. Die Firma hielt sich dann aber noch mit dem neuen Eigentümer und Münch als technischem Leiter bis 1977.