Sinnvolle Prüfung, Schikane oder Abzocke?

Genau wie für Autofahrer gehört für uns Biker in Deutschland die HU, landläufig auch TÜV genannt, ganz selbstverständlich zum Lebenszyklus eines Fahrzeugs. Schon seit längerer Zeit sind nicht nur TÜV und DEKRA berechtigt, einem Fahrzeug eine zu kleben, sondern auch freie Gutachter. Vor dem Hintergrund, dass derzeit von der Europäischen Union eine generelle HU-Pflicht für motorisierte Zweiräder in den Mitgliedsländern gefordert wird, einmal ein Blick auf das Verhältnis zwischen uns Bikern und der technischen Überwachung.

In der herrlich schrägen Welt der Werner-Comics scheint der alte Dampfkessel-Überwachungsverein, heute heißt er ja TÜV, der natürliche Feind des Bikers zu sein. In TV-Dokumentationen über einschlägige Verkehrskontrollen bei Motorrädern könnte man je nach eigenem Blickwinkel zwei verschiedene Eindrücke gewinnen: Entweder den, dass Motorradfahrer Verbrecher sind, die ständig gefährliche und unerlaubte Umbauten an ihren Fahrzeugen vornehmen. Oder den, dass die bösen Behörden nur darauf aus sind, die Freiheit von Bikern zu beschneiden und ihm den Spaß an ihren Maschinen zu verderben.

Frei Gutachter und TÜV erteilen Plaketten
Begehrt, aber nicht immer leicht zu bekommen: Die Plakette für die bestandene HU, die freie Gutachter und TÜV erteilen. Beim Bike sind die Probleme eher geringer – zumindest, wenn es nicht um fragwürdige An- und Umbauten geht… (Bild: Sven Teschke/Lizenz: CC Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland)

Wo liegen nun aber Sinn und Unsinn von technischen Untersuchungen an Kraftfahrzeugen? Ist es sinnvoll, die Pflicht zur HU auch auf Mofas, Mopeds, Leichtkrafträder und entsprechende Roller auszuweiten, wie von der EU gefordert? Oder sollte man gar nach dem Vorbild von Frankreich (wo es keine gab und auch nicht geben wird) die HU für Zweiräder grundsätzlich abschaffen?

Freie Gutachter und TÜV: Gesunde Konkurrenz

Seitdem ich meine Elfie besitze, war bereits zweimal die HU fällig. Und beides Mal bekam sie ziemlich problemlos eine geklebt. Mit der HU bei Autos habe ich einige Erfahrung mehr, vor allem auch aus den finsteren Zeiten, in denen man auf TÜV und DEKRA angewiesen war. Mein persönlicher Eindruck nach der Zulassung der freien Gutachter zur Durchführung der HU war sehr positiv: Durch die nun herrschende Konkurrenz wurde eventuelle Selbstherrlichkeit und Willkür der TÜV-Ingenieure gestutzt. Andererseits blieb die sinnvolle Überprüfung auf gefährliche technische Mängel bestehen. Auch ein noch so kundenfreundlicher freier Gutachter kann kein gefährlich mangelhaftes Fahrzeug durchgehen lassen.

Elfie bekam zuletzt im vergangenen Spätsommer eine geklebt (Bild: Autor)

Nicht alle solche gefährliche Mängel kann man als Fahrer selbst erkennen. Beim Auto bin ich zum Beispiel froh, wenn ich bei der HU auf ausgeschlagene Trag- bzw. Führungsgelenke hingewiesen werde. Man bemerkt das nicht unbedingt selbst, es kann aber gefährliche Folgen haben.

Nach dem seinerzeit bei der HU freie Gutachter und TÜV gleichgestellt worden waren, war ich auch mal wieder beim TÜV. Der erste Eindruck war, dass sich durch die Reform der alte Dampfkesselüberwachungsverein um 180° gedreht hatte: Hier war man nun genauso zuvorkommend und kundenfreundlich wie bei den freien Gutachtern. Wenn nicht noch mehr. Wenn ich aber genauer zurück denke, sind meine Erfahrungen mit dem TÜV aus den Tagen vor den freien Gutachtern auch eher positiv.

Generelle Abschaffung der HU-Pflicht?

Während in der EU die HU-Pflicht allgemein auf Mopeds und Co. ausgeweitet werden soll, schert Frankreich aus und verfällt ins genaue Gegenteil: Hier wird überhaupt keine HU-Pflicht für motorisierte Zweiräder eingeführt. Auch nicht für die dicksten Guffeln.

Das klingt nun nach goldenen Zuständen für Biker. Ich sehe dabei aber zwei Aspekte: Zum einen den, dass es sinnvoll ist, wenn man von Fachleuten auf gefährliche technische Mängel hingewiesen wird. Zum anderen den, dass es an Motorrädern offensichtlich weniger gefährliche Mängel gibt, die nicht augenfällig sind, als bei Autos. Frankreich ist ja auch bisher nicht als das Land der toten Motorradfahrer bekannt.

Es wäre nun aber anderseits auch nicht unzumutbar für unsere gallischen Brüder, wenn es eine HU-Pflicht gegeben hätte. Eine sachliche technische Überprüfung ohne irgendwelche Schikanen beruhigt auch den Biker. Ich persönlich sehe die HU ein gutes Stück weit als Dienstleistung, als Beratung, die mir hilft, mein Bike oder Auto in sicherem Zustand zu halten.

Einfache HU bei Motorrädern

Gewöhnt an akribische Prüfungen bei Autos, war ich erstaunt wie schnell und einfach eine HU bei einem Motorrad abläuft. Trotzdem entdeckten die Ingenieure jedes Mal, wo es bei meiner Elfie haperte. Beim ersten Mal waren das Ölfeuchte an einem oder beiden Federbeinen. Und Reifen, die trotz noch reichlich vorhandenem Profil alt und hart geworden waren. Der Vorbesitzer meiner Elfie hatte ja das Bike immer noch angemeldet gehabt, weil er ab und an probierte, ob das Fahren nicht doch noch ging. Er hatte aber jedes Mal feststellen müssen, dass es halt nicht mehr ging. Und so stand Elfie praktisch die ganze Zeit da. Das Profil der Reifen wurde zwar nicht abgenutzt, aber das Gummi alterte vor sich hin.

Mofa und Motorrad XV 1100 Virago
Die Kleinen müssen bei uns – bis jetzt – gar nicht zur HU, bei den großen stehen freie Gutachter und TÜV zur Wahl – und natürlich auch die DEKRA. (Bild: Autor)

Trotz der beiden Mängel bekam mein Bike auf Treu und Glauben eine geklebt. Ich besorgte mir bei der Gelegenheit gleich ein Pärchen bessere Federbeine von YSS, für die ich aber eine ABE hätte mitführen müssen. Genauso waren die neuen Reifen nicht im Brief aufgeführt, sodass ich auch hierfür ein Zettelchen hätte zu meinem Fahrzeugschein ins Mäppchen stecken müssen.

Eintragen oder ABE mitführen?

Das war mir nun zu umständlich. Also brach ich zu einem neuen Besuch bei dem netten GTÜ-Ingenieur auf. Das war auch eine gute Gelegenheit, zu zeigen, dass ich sein Vertrauen gerechtfertigt hatte. Die Erstellung der notwendigen Papiere lief problemlos ab, genauso wie die anschließende Eintragung beim Zulassungsamt.

Freie Gutachter und TÜV: Dampfkesselexplosion
Damit so etwas möglichst nicht mehr passieren sollte, wurde der Dampfkesselüberwachungsverein gegründet. Heute heißt er TÜV und kümmert sich auch um vieles mehr. (Bild: Historisch)

Beim zweiten Besuch bei diesem Prüfbetrieb, zwei Jahre später, gab es Anstände wegen Ölverlust durch ein Leck am linken Getriebedeckel. Bekanntlich ist ja ein Moped, das nicht tropft, leer. Mit dem üblichen Trick (vorher abspritzen mit dem Hochdruckreiniger und vor der Hofeinfahrt der Prüfstelle anhalten und noch mal abwischen) hatte ich zwar versucht, das zu vertuschen. Trotzdem entging es dem gestrengen Auge des – diesmal war es ein anderer – Prüfers nicht. Die Reparatur war nicht ganz billig, denn der Deckel musste geschweißt werden. Trotzdem bin ich jetzt froh, dass ich nicht mehr ständig den Ölstand in Elfies Bauch im Auge behalten muss.

Freie Gutachter und TÜV machen wenig Probleme bei älteren Bikes

Beim Auto war für mich früher immer die bange Frage: Finden meine Schweißarbeiten Gnade vor den gestrengen Augen des TÜV-Ingenieurs? Das übermäßige Rosten haben sich die Autos nun ja offensichtlich abgewöhnt. Der Flaschenhals auf dem Weg zur neuen Plakette ist für mich heute die AU. Wenn der Bordcomputer alle möglichen Fehler anzeigt, könnte das Ende vom Lied ja sein, dass ein neuer Kat fällig ist. Oder ein Bordcomputer. Oder beides.

Bei Motorrädern gibt es keine tragenden Teile aus Blech, die durchrosten können. Die Endrohrmessung auf CO-Werte bei älteren Motorrädern ist auch nicht so problematisch. Wie man liest, gibt es hier sehr wenige Durchfaller.

Die Knackpunkte bei der HU sind daher die gleichen wie schon in den alten Tagen: Vor allem die Bremsen und die Beleuchtung müssen in Ordnung sein und natürlich die Blinkanlage. Alles selbst reparierbar. Vorausgesetzt, man weiß, was man tut. Ölende Federbeine kann man auch selbst entdecken und sie sind einfach auszuwechseln.

Ölverlust aus Motor bzw. Getriebe sind das einzige knifflige Problem, das mir einfällt. Das ist aber auch beim Auto etwas extrem unangenehmes, wenn es nicht an einem verhältnismäßig leicht demontierbaren Deckel und seiner Dichtung liegt. Ansonsten dürften bei neueren Motorrädern ähnliche Probleme mit Abgasen und Computer bestehen, wie man sie von neueren Autos kennt. In beiden Fällen ist man ja mit der Selbstschrauberei schnell am Ende und benötigt eine Fachwerkstatt.