Ein Erinnerungsstück aus alten Tagen…

Über 40 Jahre lag sie bei mir in der Schublade, weil sie zwar mehr oder weniger unbrauchbar mir jedoch zu schade zum Fortwerfen war: meine gute, alte Climax- Brille aus goldenen Mopedtagen. Samt Helm seinerzeit vom großen Bruder bekommen, als dieser sich den Umstieg von zwei auf vier Räder leisten konnte. Nach dem ich schon länger herausgefunden hatte, dass es für diese Climax 513S noch Ersatzteile zu kaufen gab, kam ich nun unlängst endlich dazu, der guten, alten Climax-Brille ein neues Leben zu geben.

Helm und Brille

Als mich vor einigen Jahren eine gewisse Dame wieder mit dem Motorradfahren anfixte, brauchte ich natürlich auch wieder Helm, Handschuhe & Co. Also ab zu Motorrad Louis, wo ich feststellen musste, dass ich offenbar ein sehr markantes Kinn besitze. Jedenfalls gab es keinen passenden Integralhelm für mich. Also: Jethelm plus Brille, passt ja zum Cruiser oder Softchopper eh‘ besser. Schnell wurde ein hübscher schwarzer Jethelm gefunden und nun brauchte es noch eine Brille. Natürlich sollte es eine Climax sein. Leider jedoch hatten die guten Leutchen bei Motorrad Louis offenbar noch nie etwas von diesem einst legendären Accsessoir vernommen. Jedenfalls gab es sowas dort nicht zu kaufen.

Climax Motorradbrille Climax-Brille Climax 513S
Die Climax 513S und das Material für die Instandsetzung (Bild: Autor)

Als Provisorium erstand ich also zunächst eine Motorradbrille einer anderen Marke, die in ihrem Design den alten Climax-Brillen wenigstens ähnlich sah. Ich nahm mir jedoch vor, mir möglichst bald wieder eine echte Climax-Brille zu besorgen. Tatsächlich stellte ich dann irgendwann bei der Recherche im Netz fest, dass es die legendäre Motorradbrillen tatsächlich noch zu kaufen gibt. Sogar genau das Modell, dass ich besitze und früher benutzt hatte: die Climax 513S. Und nicht nur das: Auch Ersatzteile waren für dieses Modell erhältlich. Statt mir eine neue zu kaufen, konnte ich also meine alte Climax- Motorradbrille wieder instand setzen.

Die Schadensaufnahme bei der Climax-Motorradbrille

Zunächst einmal sah ich mir also das gute Stück ein wenig näher an. Abgesehen davon, dass sie hoffnungslos eingestaubt war, war das Band ausgeleiert und auf einer Seite das große und auf der anderen das kleine Glas gesprungen. Sowohl das Band als auch die Gläser waren jedoch als Ersatzteile erhältlich.

Climax Motorradbrille
Grobreinigung mit dem Tuch. Der Schriftzug verrät es: Ein echte Climax… (Bild: Autor)

Außerdem hatte der Zahn der Zeit die Polsterung aus Moosgummi, an der Stelle, wo die Climax-Motorradbrille auf der Nasenwurzel aufsitzt, im Laufe der Jahre vollständig abgenagt. Das war aber mit einem kleinen Stückchen selbstklebendem Porengummi von der Rolle zu beheben, welches ich ebenfalls im Internet entdeckte.

Climax-Brille zerlegt
Lediglich zwei Schrauben sind zu öffnen, um die Gläser ausbauen und das Brillenband abnehmen zu können. (Bild: Autor)

Der erste Anbieter, bei dem ich die Ersatzteile fand, hatte aber keinen Onlineshop. Man musste umständlich per E-Mail bestellen, weshalb ich diese Sache aus Bequemlichkeit auf die lange Bank schob. Dann fand ich aber unlängst Band und Gläser auch bei www.ubs-classics.de, wo man in der üblichen Art und Weise bestellen kann. Leider sind diese Ersatzteile aber im Augenblick nicht mehr auf der Website zu finden.

Es geht ans Werk

Die Reparatur meiner Climax-Brille war an sich eine hübsche, kleine Arbeit für eine stille Stunde am Abend. Zunächst einmal beseitigte ich den Staub mit einem feuchten Lappen und baute dann die Gläser aus. Dazu gibt es auf jeder Seite der Brille eine Schraube, die gleichzeitig auch das Band hält.

Climax-Motorrdbrille von hinten
Die Polsterung für die Nasenwurzel musste auch neu (Bild: Autor)

Die neuen Gläser gingen zwar etwas stramm in den Rahmen, letztendlich ließ sich dieser dann aber doch schließen und die Gläser saßen korrekt. Nach ein, zwei Versuchen hatte ich auch ein einigermaßen passendes Stückchen selbstklebendes Porengummi als Ersatz für die zersetzte Nasenwurzelpolsterung zurecht geschnippelt und eingeklebt. Jetzt wäre eigentlich nur noch das Band anzubringen gewesen, doch es gab noch eine kleine Schwierigkeit…

Brillenbandbefestigung für Motorradbrille fertigen
Die neuen Gläser meiner Climax-Brille sind eingebaut. Jetzt werden die Riemchen für die Befestigung des Brillenbandes angefertigt (Bild: Autor)

Als ich mir das Band näher ansah, stellte ich fest, dass es mit zwei kleinen Riemchen aus einer Art Lederimitat an der Brille befestigt gehört. Diese beiden Riemchen waren an meiner Climax-Motorradbrille ebenfalls marode, aber nicht im Lieferumfang des neuen Brillenbandes enthalten. Auch im Internet konnte ich sie nirgends entdecken. Gerade vorhin habe ich aber solche Riemchen bei www.ubs-classics.de unter dem Namen „Halter für Brillenband Climax 513“ entdeckt, wo es aber wie gesagt mittlerweile das Band und die Gläser offensichtlich nicht mehr gibt. Sie sehen auch nicht genau aus wie die Originale von meiner Brille, hätten sich vermutlich aber anpassen lassen.

Selbst gefertigte Ersatzteile für die Climax-Brille

Da ich neulich, als ich die meine Climax-Motorradbrille reparierte, diese Teile nicht gefunden habe, setzte ich auf die Eigenfertigung von Ersatz. An sich kein großes Problem, denn es handelte sich ja lediglich um zwei Riemchen mit jeweils ein paar Löchern. Da bei mir als eines der nächsten Projekte die Instandsetzung von Elfis Satteltaschen geplant ist, besorgte ich mir gleich einen Satz Locheisen – auch nützlich, wenn man Dichtungen selber macht – und eine brauchbare Schere.

Climax-Brille
Die Polsterung für die Nasenwurzel wäre auch mal drin… (Bild: Autor)

Außerdem musste ich ein geeignetes Material finden. Leder hatte ich leider keines zur Hand und es gibt dummerweise in meiner Region auch keinen Laden mehr, wo man schnell mal ein Stück Leder kaufen kann. Mit einem geeigneten Material fündig wurde ich dann durch Zufall. Ich suchte im Baumarkt bei den Installationsmaterialien nach einem O-Ring den ich für ein ganz anderes Projekt benötige. Dabei entdeckte ich runde Scheiben aus Dichtungsgummi, die dafür gedacht sind, sich selbst Gummidichtungen zurechtzuschneiden.

Befestigungsriemchen für Motorradbrillenband
Befestigungsriemchen zugeschnitten und gelocht (Bild: Autor)

Diese Gummischeiben sind deutlich weniger elastisch, als es Gummi normalerweise ist und haben auch eine passende Dicke für mein Projekt Climax-Motorradbrille. Außerdem sind sie so groß, dass man aus einer beide Riemchen schneiden kann. Für Form und Größe hatte ich ja die alten Riemchen als Muster. Genau so machte ich es dann auch und konnte so das Brillenband an der Brille befestigen und die Arbeit vervollständigen.

Erstaunliche Qualität der alten Climax-Brille

An meiner Climax- Motorradbrille ist allerhand weicher Kunststoff verbaut, sowohl bei der Polsterung als auch bei den steifen Formteilen. Was ich nun interessant finde, ist die Tatsache, dass weder die Polsterung noch die Kunststoffformteile verhärtet oder versprödet sind.

Climax-Brille
Fertig! Das Familienerbstück im neuen Glanz und wieder voll gebrauchstrauglich… (Bild: Autor)

Wenn ich nachrechne, komm ich darauf, dass diese Brille allermindestens 55 Jahre alt ist, denn ich kann mich erinnern, dass mein Bruder sie bereits 1969 aufhatte, wenn er mich in meinem ersten Jahr am Gymnasium mit seinem Motorrad von der Schule abholte. Vermutlich ist sie aber noch einige Jahre älter, denn mein Bruder hatte vor seinem Motorrad – einer NSU Viertakt-Fox mit 100 ccm – bereits einen Motorroller, eine Zündapp Bella, besessen. Möglicherweise ist meine gute, alte Climax-Motorradbrille also bereits etwa 60 Jahre alt.

… und da gehört das gute Stück hin: auf Fokkos Motorradhelm (Bild: Autor)

Sie beweist, dass es möglich ist, Weichplastik herzustellen, das jahrzehntelang nicht durch Verdunsten des Weichmachers versprödet und dann zerbröselt. Versprödung durch Verdunsten des Weichmachers. Genau das ist es aber, was wir heutzutage von Kunststoffteilen nur allzu gut kennen: Ein probates Mittel, um Planned Obsolency, also vorausgeplantes Kaputtgehen zuverlässig umzusetzen.

Meine gute, alte Climax-Motorradbrille, so zu sagen ein Familienerbstück, hat jetzt wieder ihren festen Platz auf meinem Motorradhelm. Wenn ich nun auf der guten, alten Elfie als alter Knacker über Alb und Härtsfeld sowie durch den schwäbischen Wald brettere, fährt jetzt auch ein liebes Erinnerungsstück aus seligen Mopedtagen mit Herkules 220 MKL und Zündapp Falconette mit.