Elfie hat eine neue Kupplung bekommen
Die Kupplung ist nun mal ein typisches Verschleißteil. Das ist nicht nur beim Auto so, sondern auch beim Motorrad. Und so hat auch die Kupplung meiner Elfie eine endliche Lebensdauer. Schon im letzten Sommer machte sie sich bemerkbar, indem sie beim starken Gasgeben bei höheren Geschwindigkeiten durchrutschte. Ersatz war fällig. Die Kupplung der Yamaha XV 1100 Virago auszutauschen ist auch kein Hexenwerk.
Wenn die Kupplung der Yamaha XV 1100 Virago nicht mehr will, reicht es in der Regel, dass Kupplungsscheibenpaket auszutauschen. Kupplungskorb und Druckplatte nebst Tellerfeder und was dazu gehört, kann man in der Regel weiterverwenden.
Die üblichen Vorarbeiten
Natürlich erledigte ich den Austausch der Kupplung der Yamaha XV 1100 Virago bequem auf meiner Hebebühne. Zweckmäßigerweise bockte ich sie mit meinem Chopperheber so hoch auf, dass sich das Hinterrad frei drehen kann. Auf diese Weise kann man die Funktion der Kupplung sofort nach dem Zusammenbau mit dem neuen Kupplungsscheibenpaket noch bei offenem Gehäuse überprüfen.
Dann die „Standardarbeiten“: Den Minuspol der Batterie abklemmen (Bild 1) und das Öl ablassen. Eine gute Gelegenheit auch für einen Ölwechsel und weil ich schon mal dabei war, spendierte ich Elfie auch gleich einen neuen Ölfilter daher. Den alten kann man gleich ausbauen, während das Öl abläuft.
In der Reparaturanleitung steht, dass man für den Austausch der Kupplung der Yamaha XV 1100 Virago den Auspuffkrümmer des vorderen Zylinders demontieren müsse. Tatsächlich ist das aber nicht nötig. Der rechte Gehäusedeckel, den man abnehmen muss, um an die Kupplung zu kommen, lässt sich auch so problemlos abbauen. Wie auch auf der linken Seite muss man jedoch bei meiner Elfie die jeweilige Fußrastenanlage abnehmen, wenn man an das Innenleben unter dem Gehäusedeckel heran möchte.
Die Kupplung der Yamaha XV 1100 Virago wird freigelegt
Jetzt kann man immer schön über Kreuz und von vorne und hinten der Mitte zu die Gehäuseschrauben ausdrehen. Hier kommt nun wieder einmal – wie auch bei der Lichtmaschinen-OP der alte Indianertrick mit dem Pappendeckel zum Einsatz: Beim Entfernen der Schrauben eines Motorgehäusedeckels piekst man diese in einen passenden Pappendeckel und zwar genau in der Anordnung, in der sie auch im Deckel sitzen. Oft oder meist sind diese Schrauben nämlich nicht gleich lang und es muss jede wieder an ihren richtigen Platz.
Nach dem Abnehmen des Deckels gab es dann eine kleine, ärgerliche Schwierigkeit. Ich weiß es nicht, ob der Deckel schon mal abgenommen worden war oder ob ich in dieser Beziehung mit der Klavierfabrik schimpfen muss: Jedenfalls hat entweder der freundliche Japaner am Band im schönen Hammamatsu oder der Schrauber, der den Deckel zuletzt ab- und wieder angebaut hatte, übermäßige Sorgfalt walten lassen: Die Dichtung war nämlich mit Curil bzw. einer gleichartigen Flüssigdichtung angepappt. Und zwar auch noch auf beiden Seiten.
Das ist in meinen Augen absolut unnötig; wie man es besser macht, steht weiter unten zu lesen. Diese Unsitte ist nicht nur lästig, sondern auch nicht ungefährlich. Das Entfernen der Dichtungsreste ist nicht nur eine Arbeit für einen, der Vater und Mutter erschlagen hat, nämlich eine Scheißfummelei. Man hat dabei auch noch jede Chance, mit dem hier zur Anwendung gelangenden Flachschaber die Dichtflächen von Motorgehäuse und/oder Deckel zu beschädigen. Die bestehen nämlich aus einer verhältnismäßig weichen Aluminiumsgusslegierung und sind daher entsprechend empfindlich.
Nach dem Abnehmen des Deckels bietet sich dem fleißigen Schrauber der Blick auf soliden japanischen Maschinenbau: Auf den Primär- nebst Nockenwellenantrieb und die Kupplung.
Die Kupplung der Yamaha XV 1100 Virago: Eine Mehrscheiben-Ölbadkupplung
Autos – jedenfalls sämtliche, an denen ich schon geschraubt habe – besitzen eine Einschreiben-Trockenkupplung. Bei Motorrädern kenne ich die Mehrscheiben-Ölbadkupplung. Und zwar von den kleinen Mopedmotörchen wie dem meiner unvergessenen Zündapp Falconette und dem alten, von mir in unterschiedlichen Ausführungen beschraubten alten Fünfziger aus dem Hause Fichtel und Sachs bis zum wuchtigen Aggregat, der guten, dicken, alten Tante Elfie.
Wenn man eine solche Kupplung zerlegt, kommt man auch hinter ihre Funktionsweise. Dazu gleich mehr. Das, was sich beim Austausch der Kupplung der Yamaha XV 1100 dem interessierten und wohlwollenden Auge des ambitionierten Motorradschraubers bietet ist in Bild 6 zu sehen.
Keine Angst, obwohl natürlich die Kupplungsscheiben federbelastet sind, explodiert die Kupplung bei der Demontage keineswegs. Wenn man die sechs Sechskantschrauben löst, welche den Druckring halten, der auf die Tellerfeder drückt und die Kupplung spannt, entspannt diese sich ganz kommod, ohne dass Einzelteile durch die Schrauberbude fliegen. Man löst die Schrauben nach dem gleichen System, nach dem man auch die Radschrauben bei einer Sechslochfelge am Auto löst. Also kreuzweise im Kreis herum, so wie man es bei derartigen Verschraubungen grundsätzlich sowohl beim Lösen als auch beim Anziehen macht.
Wenn das geschehen ist, kann man den Druckring, die Tellerfeder und die Kupplungsdruckplatte abnehmen. Die kleine Scheibe, die den äußeren Lagerring des Radialnadellagers auf dem Kupplungsdruckpilz bleibt dabei wahrscheinlich in der zentrischen Bohrung des Kupplungskorbs. Aufpassen, damit diese nicht verloren geht! Nun kann man auch das Kupplungspaket entnehmen.
Kupplungsscheiben und Stahlscheiben
Betrachtet man nun den leeren Kupplungskorb und sieht sich gleichzeitig das Paket aus Kupplungs- und Stahlscheiben an, wird klar, wie die Kupplung funktioniert. Der Kupplungskorb hat außen eine im Bild nicht sichtbare, weil verdeckte Verzahnung. Mit dieser kämmt das Primärzahnrad auf der Kurbelwelle. Läuft also der Motor, dreht sich der Kupplungskorb mit. Die Kupplungsnabe im Innern des Kupplungskorbs ist gegenüber diesem frei drehbar. Er sitzt auf der Getriebehauptwelle und ist mit dieser fest verbunden.
Die Stahlscheiben des Kupplungspakets besitzen innen eine Verzahnung, die in die Außenverzahnung der Kupplungsnabe greift. Die Kupplungsscheiben haben am äußeren Umfang Zapfen, die in die Schlitze des Kupplungskorbs eingreifen. Die Tellerfeder drückt nun bei zusammengebauter Kupplung das Paket aus Kupplungsscheiben und Stahlscheiben so fest zusammen, dass zwischen beiden eine kraftschlüssige Verbindung entsteht.
Da die Stahlscheiben formschlüssig mit der Kupplungsnabe und damit mit der Getriebehauptwelle verbunden ist und die Kupplungsscheiben ebenfalls formschlüssig mit dem Kupplungskorbs, drei die Kurbelwelle in diesem Zustand die Getriebehauptwelle an.
Auskuppeln mit dem Druckpilz
Die Getriebehauptwelle ist hohl und in ihr befindet sich ein Druckstift. Wenn der Kupplungszug am Betätigungshebel auf der anderen Seite des Getriebes und der Hauptquelle zieht, dreht er damit ein Steilergewinde, und bewegt den Druckstift in Richtung Kupplung. Auf der rechten Seite der Welle steckt der Kupplungsdruckpilz mit dem kleinen Radialnadellager in deren Bohrung. Dieser wird nun vom Druckschrift gegen die Druckplatte der Kupplung gedrückt.
Dadurch wird die Tellerfeder zusammengedrückt und kann das Kupplungspaket nicht mehr zusammendrücken. Weil dadurch der Kraftschluss zwischen Kupplungsscheiben und Stahlscheiben verloren geht, ist jetzt die Getriebehauptwelle von der Kurbelwelle getrennt. Die Kupplung ist ausgerückt. Lässt man den Kupplungshebel los, drückt die Tellerfeder das Kupplungspaket wieder zusammen und die Verbindung zwischen Kurbelwelle und Getriebehauptwelle wird wiederhergestellt. Hat man bei ausgerückter Kupplung vom Leerlauf in den ersten Gang geschaltet, kann man anfahren, wenn man den Kupplungshebel am Lenker langsam loslässt und dosiert Gas gibt.
Zusammenbau der Kupplung der Yamaha XV 1100 Virago
Wenn man das alte Kupplungspaket entnommen hat, baut man die neuen Kupplungs- und Stahlscheiben ein. Man benötigt acht Kupplungs- und sieben Stahlscheiben. Deswegen beginnt man mit einer Kupplungsscheibe und legt als letztes auch wieder eine Kupplungsscheibe ein. Beide Arten von Scheiben ölt man ordentlich mit Motorenöl ein, bevor man sie einbaut. Wichtig dabei ist wie man in Bild 11 sieht, dass jeweils derjenige Zapfen, der die zwei kleinen halbkreisförmigen Aussparungen besitzt, in den Schlitz des Kupplungskorbs kommt, der auf der vollen Länge offen ist. Also der, der am Ende kein „Dächlein“ hat, wie es bei allen anderen Schlitzen der Fall ist.
Sind alle Scheiben eingebaut, setzt man die Kupplungsdruckplatte auf, dann die Tellerfeder und schließlich den Haltering mit den sechs Bohrungen. Die zugehörigen sechs Schrauben zieht man wiederum nach dem gleichen System an, mit dem man die sechs Radschrauben einer Sechslochfelge anzieht, also immer über Kreuz.
Kupplung testen und einstellen
Jetzt kann man einen ersten Test ausführen, ob die Kupplung richtig arbeitet. Mit der Schraube des Kupplungsbetätigungshebels (siehe Bild) und der zugehörigen Mutter auf der anderen Seite des Motor-/Getriebegehäuses kann man die Kupplungsbetätigung einstellen. Der Bowdenzug sollte bei nicht gezogener Kupplung gerade so eben entspannt sein, also ein geringes Spiel aufweisen.
Durch Drehen der Schraube mit einem passenden Kreuzschlitzschraubenzieher kann man einstellen, bei welcher Winkelstellung des Kupplungsbetätigungshebels die Druckstange beginnt, die Kupplung auszudrücken. Wenn in der ganzen Kupplungsbetätigung ein geringes Spiel ist, passt es. Nun überprüft man noch, ob bei eingelegten Gang und gezogener Kupplung sich das Hinterrad drehen lässt. Das kann allerdings etwas Kraftaufwand erfordern. Am besten ist es also, wenn man einen Gehilfen die Kupplung ziehen lässt, damit man mit beiden Händen am Hinterrad anpacken kann, um dieses zu drehen. Wenn die Kupplung nicht gezogen ist, darf sich das Hinterrad natürlich nicht drehen lassen.
Montage von Getriebedeckel und Ölfilter
Nun kann man den Getriebedeckel eindichten und montieren. Wie man im Bild sieht, habe ich wieder meinen alten Trick mit den zwei abgesägten Schrauben als Führung beim Aufsetzen des Deckels angewendet.
Wie bereits erwähnt, ist es Blödsinn, die Papierdichtung, die jetzt hier verwendet wird, mit Curil aufzukleben. Und das womöglich noch auf beiden Seiten.
Damit die Dichtung bei der Montage nicht verrutscht oder herunterfällt, klebe ich sie natürlich auch an. Ich nehme dafür aber kein Curil, sondern ganz normale Schmierfett. Wenn man das auf die Dichtfläche des Gehäuses aufträgt und die Dichtung gefühlvoll auflegt, sitzt sie fest genug, damit sie an ihrem Platz bleibt, bis sie vollends vom aufgesetzten Gehäusedeckel gehalten wird. Sie wird ja auch durch die zwei abgesägten Schrauben sowie die zwei Spannstifte in Position gehalten. Auf diese Weise löst sich die Dichtung bei einer späteren Demontage des Deckels problemlos und rückstandsfrei. Der Flachschaber kann dann im Werkzeugschieber bleiben und gefährdet so nicht die Dichtflächen.
Nun setzt man die Gehäuseschrauben alle wieder in ihre Bohrungen und zieht sie von der Mitte nach vorne und hinten abwechselnd oben und unten gefühlvoll an. Dann setzt man den neuen Ölfilter ein und montiert den zugehörigen Deckel.
Wenn das neue Motorenöl eingefüllt ist, kann man einen ersten Probelauf starten. Natürlich muss die Maschine dabei so hoch aufgebockt sein, dass sich das Hinterrad vollkommen frei drehen kann. Wenn man den Motor im Standgas im Leerlauf laufen lässt, muss sich das Hinterrad mit der Fußbremse festsetzen lassen, ohne dass die Drehzahl des Motors merklich absinkt, er gar zu ruckeln beginnt oder gar abgewürgt wird.
Restlicher Zusammenbau und Probefahrt
Wenn das alles in Ordnung ist, baut man noch die Fußrastenanlage an. Dann ist es Zeit für die Probefahrt. Falls die Kupplung nicht recht trennt, merkt man das, wenn man den ersten Gang einlegt. Vorsicht also, vor dem Vorderrad sollte genug Platz sein, dass man nirgends dagegen rumpelt, falls die Guffel beim Gang einlegen einen Satz nach vorne macht.
Ein erster Test beim Fahren besteht darin, dass man im dritten Gang mit etwas mehr als Leerlaufdrehzahl fährt und dann den Gashahn kräftig aufreißt. Der Motor darf nun nur so schnell hochdrehen, wie es der Geschwindigkeitszunahme entspricht.
Eine weitere Probe kann man machen, indem man bei etwa 100 km/h vom vierten in den fünften Gang schaltet und Vollgas gibt. Auch dabei darf nichts rutschen. Am besten erkennt man das, wenn man die Nadeln von Tachometer und Drehzahlmesser vergleicht. Schließlich kann man noch bei etwa 130 einmal im fünften Gang Vollgas geben. Auch hier darf nichts durchrutschen.
Rutscht die neue Kupplung doch, liegt das höchstwahrscheinlich daran, dass man die Schraube an der Kupplungsbetätigung zu stramm angezogen hat. In diesem Fall muss man die Mutter etwas lösen und die Schraube mit einem Kreuzschlitzschraubenzieher ein wenig lösen. Dann die Mutter wieder fest ziehen.
Am besten also bei der Probefahrt noch die Abdeckung über der Kupplungsbetätigung weglassen und den Kreuzschlitzschraubenzieher und den passenden Schraubenschlüssel mitnehmen. Dann kann man ein eventuelles Rutschen der Kupplung gleich unterwegs noch beheben.
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