Der zündende Funke
Im Gegensatz zum Diesel ist der Ottomotor kein Selbst- sondern ein Fremdzünder. Das Anzünden des Brennstoff-Luftgemisches am Ende des Verdichtungstaktes stellte die Konstrukteure der ersten Autos und Motorräder vor erhebliche Probleme. Vor allem, wenn das Ding schnell laufen soll, stellt die Zündung beim Ottomotor den Konstrukteur vor eine Aufgabe, die erst nach und nach zufriedenstellend gelöst werden konnte.
Was das selbst fahrende Fahrzeug mit Verbrennungsmotor angeht, war die Maschine, die den Erfindern zur Verfügung stand, der Gasmotor von Nikolaus Otto. Um diesen als Fahrzeugantrieb verwenden zu können, mussten die Pioniere des Automobils und des Motorrades zwei Probleme lösen. Das eine bestand darin, den Gasmotor so zu modifizieren, dass er mit flüssigen Kraftstoff betrieben werden konnte. Gas gab es damals nämlich nur aus der Gasleitung bzw. voluminösen Gaserzeugungsanlagen. Das erste Gas in Glasflaschen war das Blaugas, das erst viel später aufkam. Das zweite Problem war die Zündung, da die bei den stationären Gasmotoren übliche Technik nur sehr gering Drehzahlen erlaubte.
Eine zuverlässige Zündung beim Ottomotor
Die Entwicklung der Gemischaufbereitung ist ein Kapitel für sich. In diesem Artikel soll es um das zweite Problem gehen, nämlich das, dass Gemisch auch bei höheren Drehzahlen zuverlässig und zum richtigen Zeitpunkt zu entzünden.
Gottlieb Daimler und Carl Benz brachten ihre Motorwagen zwar zum Laufen, doch ließ die Technik der Zündung noch stark zu wünschen übrig. Das änderte sich erst, als eine Firma auf den Plan getreten war, deren Name auch heute noch fast ein Synonym für das Wort „Kraftfahrzeugelektrik“ ist: Bosch. Es war zwar nicht Robert Bosch selbst, der die entscheidende Erfindung machte, sondern sein ehemaliger Lehrling Gottlob Honold (1876-1923) aus Langenau bei Ulm. Mittlerweile war er bei seinem Lehrmeister als Ingenieur tätig und vermutlich dessen bester Mann.
Die Niederspannungsmagnet-Zündung
Ein sich drehender Magnet induziert in der Zündspule einen elektrischen Strom. Dieser elektrische Strom erzeugt nun seinerseits ein Magnetfeld. Unterbricht man nun den Stromfluss in der Spule, fällt dieses Magnetfeld schlagartig zusammen. Nun ist ja ein ein zusammenbrechendes Magnetfeld auch ein bewegtes Magnetfeld und kann in einer Spule einen Stromstoß induzieren. Und mit diesem Stromstoß kann man einen Zündfunken erzeugen.
Eine solche Zündung, eine Niederspannungsmagnet-Zündung, erfand der aus Norddeutschland stammende, aber später in Wien lebende Siegfried Marcus (1831-1898). Der hatte übrigens schon vor Daimler und Benz eine Art Auto gebaut. Warum er nicht als eigentlicher Erfinder des Automobils gilt, verstehe ich auch nicht ganz. Jedenfalls verbesserte Robert Bosch die Zündung von Marcus, die zur der Zeit wohl die einzige einigermaßen vernünftig funktionierende Zündtechnik darstellte. Ein Problem war aber, dass der Unterbrecher gleichzeitig die Zündkerze sein musste und sich daher im Zylinderkopf befand. Das war mechanisch recht aufwendig.
Die Hochspannungsmagnetzündung
Auch Gottlob Honold machte sich das Phänomen der elektromagnetischen Induktion zu Nutze, um eine gut funktionierende Zündung für Ottomotoren zu erfinden. Vorarbeiten dazu hatte ein gewisser Arnold Zähringer (1869-1942) geleistet, der ebenfalls bei Bosch arbeitete. Naja, es ist ja schon fast peinlich: das Kraftfahrzeug mit Verbrennungsmotor ist offensichtlich überwiegend eine schwäbische Sache…
Neben dem Problem, dass die Zündkerzen gleichzeitig der Unterbrecher sein musste, hatte die Niederspannungsmagnetzündung noch den Nachteil, dass der Zündfunken recht schwächlich war. Eine recht suboptimale Zündung, aber zunächst hatte man ja nichts anderes. Und der entscheidende Gedanke, der Stromstoß aus dem zusammenbrechenden Magnetfeld, der Knackpunkt also, war vorhanden.
Gottlob Honold ging nun her und sah eine zweite Spule vor, die wesentlich mehr Windungen hatte, als die erste. Die erste Spule wurde damit zur Primärspule, die das Magnetfeld erzeugt. Auch hier unterbrach ein Unterbrecher den Stromfluss zum Zündzeitpunkt. Der brauchte aber jetzt nicht mehr gleichzeitig die Zündkerzen zu sein. Die war nämlich an der zweiten Spule, der Sekundärspule angeschlossen.
Der Funken am Unterbrecher wurde nun nicht mehr gebraucht. Das zusammenbrechende Magnetfeld erzeugte ja auch in der Sekundärspule einen Stromstoß, was ja der Zweck der Übung war. Da nun diese Sekundärspule einen ganzen Haufen Windungen hatte, entstand ein Stromstoß mit einer viel höheren Spannung. Der wurde zur Zündkerze geleitet und erzeugte den Zündfunken.
Der Schwunglichtmagnetzünder
Der Unterbrecher musste nun also nicht mehr im Zylinderkopf sitzen, sondern konnte zum Rest des Zündmechanismus wandern. Das vereinfachte natürlich die Mechanik. Bei dieser Urform der Magnetzündung rotierte aber noch die Spule. Das war verbesserungsbedürftig, weil die so notwendigen Schleifringe ja Verschleißteile waren. Man konnte sie aber vermeiden, indem man die Geschichte umkehrte: Man lässt einfach den Magneten rotieren und in einer feststehenden Spule den Strom erzeugen.
Ein weiteres, aber kleines Problem ist der Funken, der am Unterbrecher entsteht, wenn dieser öffnet. Das war aber leicht zu lösen: Man schaltet einfach einen passenden Kondensator parallel dazu. Der in der Primärspule beim Zünden ebenfalls entstehende Stromstoß lädt den Kondensator, anstatt einen Funken, das sogenannte Öffnungsfeuer, am Unterbrecher zu erzeugen. Wenn der Unterbrecher wieder geschlossen ist, kann sich der Kondensator über ihn entladen.
Natürlich läuft der Motor auch ohne diesen Löschkondensator. Der Funken verschleißt aber die Unterbrecherkontakte übermäßig. Ist bei laufendem Motor Öffnungsfeuer zu beobachten, weist das auf einen kaputten Kondensator hin, den man auswechseln sollte.
In der Form des Schwunglichtmagnetzünders mit Unterbrecher fand sich diese Art der Zündung bis gegen Ende des 20. Jahrhunderts in Mofas, Mopeds und dergleichen sowie auch in kleinen Motorrädern. Sie sitzt unter dem sogenannten Polrad, das die Permanentmagneten trägt und gleichzeitig als Schwungrad des Motors dient. Außer der Zündspule mit ihren zwei Wicklungen und dem Unterbrecher findet sich hier auch noch eine Lichtspule. Diese erzeugt einen Wechselstrom für die Beleuchtung.
Die Batteriezündung
Die Magnetzündung hat nun einen Nachteil: Der Magnet benötigt eine bestimmte Geschwindigkeit, damit der Stromstoß stark genug ausfällt, um zu zünden. Diesen Nachteil beseitigt die Batteriezündung. Diese Variante der Zündung funktioniert im Prinzip genauso wie eine Magnetzündung. Nur erzeugt hier die Primärspule der Zündung ihren Strom nicht selbst, sondern wird aus einer Batterie gespeist.
Schaltet man so eine Zündung ein, fließt Strom aus der Batterie durch die Primärspule. Öffnet sich der Unterbrecher, passiert genau das gleiche wie in einer Magnetzündung: Der Strom durch die Primärspule wird unterbrochen. Dadurch bricht das Magnetfeld zusammen und induziert ebenfalls genau wie bei der Magnetzündung den Stromstoß in der Sekundärspule. Und die ist natürlich auch wieder mit der Zündkerze verbunden.
Der Zündfunken entsteht hier unabhängig davon, wie schnell man den Motor beim Starten dreht. Entscheidend ist jetzt nur noch, dass sich der Kolben schnell genug bewegt, damit der Luftstrom im Vergaser ein zündfähiges Gemisch erzeugt.
Damit der Motor nicht lediglich so lange läuft, bis die Batterie leer ist, benötigt man eine Lichtmaschine. Die erzeugt Strom, wenn der Motor erst einmal läuft. Der kann dann sowohl für den Zündfunken sorgen als auch die Batterie laden. Die Batteriezündung bedeutet also deutlich mehr technischen Aufwand als die Magnetzündung. Deswegen verbaut man bei kleinen, einfachen Motoren vorwiegend die Magnetzündung.
Zündung bei Mehrzylindermotoren
Im Prinzip eignen sich sowohl die Magnet- als auch die Batteriezündung auch für Mehrzylindermotoren. Beide sind auch sowohl für zwei- als auch Viertaktmotoren geeignet. Im Prinzip funktioniert der Schwunglichtmagnetzünder wie er beim Einzylinder-Zweitakter verwendet wird, auch bei einem Einzylinder-Viertakter. Hier zündet er dann halt einmal sinnlos am Ende des Auspufftakts, womit man aber leben kann. Für Zweizylindermotoren kann man im Prinzip für jeden Zylinder einen Magnetzünder vorsehen.
Der geradezu typische Automotor, der Vierzylinder-Viertaktmotor mit Batteriezündung, besaß früher einen sogenannten Zündverteiler. In ihm rotierte der sogenannte Verteilerfinger auf einer Welle, die mit der halben Kurbelwellendrehzahl angetrieben wurde. In der Verteilerkappe saßen vier Kontakte, von denen die Zündkabel zu den Zündkerzen der einzelnen Zylinder führten. Der Verteilerfinger wurde mit der Hochspannung von der Zündspule gespeist. Auf der Welle befanden sich vier Nocken, die den Unterbrecher betätigten, der ebenfalls im Zündverteiler saß.
Durch Drehen der Grundplatte des Unterbrechers konnte man den Zündzeitpunkt verändern. Das besorgten ein Fliehkraftregler und eine Unterdruckdose. Der Zündzeitpunkt konnte also entsprechend der Drehzahl und des Unterdrucks im Ansaugtrakt variiert werden. Generell einstellen konnte man den Zündzeitpunkt durch Verdrehen des ganzen Verteilers. Natürlich funktioniert diese Technik auch mit anderen Zylinderzahlen.
Alternativ zu der Lösung mit dem Zündverteiler kann man natürlich auch für jeden Zylinder eine eigene Zündspule und einen eigenen Unterbrecher verwenden. So funktionierte das beispielsweise bei der Honda CB 750 Four.
Elektronische Zündung
Bei den ersten elektronischen Zündung ging es darum, den Primärstrom nicht mehr mit einem Unterbrecher, sondern elektronisch zu unterbrechen. Es gab für Kleinkrafträder in den Siebzigern Umbausätze für die Umstellung auf elektronische Zündung. Das Unterbrechen des Primärstroms besorgte jetzt ein Thyristor. Ganz ohne Unterbrecher kann man dabei aber noch nicht aus. Der Thyristor wurde nämlich durch den vorhandenen Unterbrecher angesteuert. Der musste nun aber lediglich noch einen kleinen Steuerstrom ertragen und hielt dadurch länger. Natürlich verstellte er sich durch den stark verminderten Abbrand auch nicht mehr so schnell wie in der herkömmlichen Zündung.
Der nächste Schritt war nun, den Unterbrecher komplett zu ersetzen. Bei einer solchen Zündung erkennt ein Sensor, der Bezugsmarkengeber, die Stellung der Kurbelwelle und meldet zum Beispiel den oberen Totpunkt an die Elektronik. Aus der Zeit, die zwischen zwei Signalen des Sensors vergeht, kann die Elektronik nun sowohl die Drehzahl berechnen als auch festlegen, wann die Zündung jeweils erfolgen soll. Im Prinzip kann die Zündelektronik nun nicht nur aus Drehzahl und Unterdruck, sondern aus allen möglichen relevanten Daten, die von Sensoren an das Motormanagement geliefert werden, den jeweils optimalen Zündzeitpunkt berechnen.
Solche Zündungen sind nun im Prinzip immer noch Batteriezündungen nach Art des Gottlob Honold. Man hatte bei Mehrzylindermotoren zunächst auch immer noch einen mechanischen Zündverteiler. Der ist unnötig teuer und verschleißt wie alle mechanischen Baugruppen. Man ging daher noch einen Schritt weiter und verteilte die Hochspannung auch elektronisch. Jetzt konnte alles in einem Kasten wohnen: Die Steuerelektronik, der Verteiler und oft auch die Zündspule. Das ist die vollelektronische Zündung.
Das neueste nun ist, dass es für jeden Zylinder eine eigene Zündspule gibt, die sogar im Kerzenstecker mit verbaut sein kann. Dadurch gibt es keine herkömmlichen Zündkabel mehr.
Die Hochspannungskondensatorzündung
Alle diese Zündungen sind aber im Prinzip noch Batteriezündungen mit Zündspule. Es gibt aber schon länger eine Alternative dazu: die Hochspannungskondensatorzündung. Bei der Magnetzündung steckt die Energie, die den Zündfunken erzeugen soll, in Form des Magnetfeldes in der Zündspule. Bei einer Hochspannungskondensatorzündung steckt sie in einem Kondensator, der zunächst aufgeladen wird. Zum Zündzeitpunkt entlädt sich dieser Kondensator und erzeugt einen Stromstoß. Dieser Stromstoß wird nun in der Zündspule – die jetzt nicht mehr so, sondern Zündtransformator heißt – hoch gespannt und erzeugt an der Kerze den Zündfunken.
Diese Art der Zündung hat sich aber auf die Dauer für Alltagsfahrzeuge nicht durchgesetzt. Sie wird in Hochleistungsmotoren verwendet. Ihr Nachteil besteht darin, dass der Zündfunken viel kürzer dauert, als bei einer Magnetzündung. Ein gewisser Helmut Everding hat eine Variante entwickelt, bei der der Zündfunken mit dem einer Unterbrecherzündung vergleichbar ist. Trotzdem hat sich die vollelektronische Zündung durchgesetzt.
Welche Zündung in welchem Fahrzeug?
Ganz ursprünglich einmal war die Niederspannungsmagnetzündung ja das einzige, was man hatte. Sowohl Motorrad als Auto muss damit auskommen. Ähnlich war es mit der Hochspannungsmagnetzündung. Als die Batteriezündung aufkam setzte sie sich zuerst bei Automotoren durch. Voraussetzung für eine alltagstaugliche Batteriezündung war ein Stromgenerator, der die Batterie auflädt, wenn der Motor läuft. Auch so etwas brachte Bosch auf den Markt und prägte dabei den noch heute gebräuchlichen Ausdruck „Lichtmaschine“.
Motorradmotoren gab es bis in die 1960er Jahre vor allem mit Magnetzündung. Den Schwunglichtmagnetzünder verbaute man in Mopeds und kleinen Motorrädern noch eine ganze Weile länger. Bei den Guffeln mit den zwei Ohren, den BMW gab es bis 1969 Magnetzündungen.
Zunächst setzte sich dann bei Motorrädern, wie bei den Autos schon lange, die Batteriezündung durch. Und natürlich machte die Zündung beim Motorrad mittlerweile die gleichen Entwicklungen durch wie beim Auto. Meine Elfie, die ja dieses Jahr 30 wird, besitzt bereits eine Variante der voll elektronischen Zündung: Es gibt die sogenannte Zündbox (recht teuer), in der die Elektronik steckt. Die Zündspulen für die beiden Zylinder sind jedoch noch separate Bauteile.
Elektronische Zündungen haben den Vorteil, dass sie wartungsfrei sind. Der Nachteil ist, dass es oft teuer wird, wenn was kaputt ist. Wenn es nicht mehr zündet und alles in einem Kasten steckt, muss der ganze Kasten neu. Für teuer Geld. Bei einer herkömmlichen Batteriezündung ist das teuerste die Zündspule. Der Unterbrecher ist gerne mal hin, aber er kostet nicht viel. Auch wenn der Kondensator mal kaputt sein sollte, reißt das kein Loch in den Geldbeutel. Und man kann bei den altgebackenen Zündanlagen mit einfachen Mitteln auf Fehlersuche gehen, wenn es mal nicht funkt. Daher wurde ich mir gut überlegen, ob ich einen Oldtimer auf eine elektronische Zündung umrüsten würde, was an sich rein technisch kein großes Problem ist.
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