III) Ein Prinzip – Zwei grundsätzliche Möglichkeiten: Der Otto-Motor

Dies ist der dritte Teil eines Mehrteilers. Hier geht’s zum ersten und hier zum zweiten Teil.

Verbrennungsmotoren, mögen sie nun im Zwei- oder im Viertakt laufen, beziehen ihre Energie aus einem Gemisch von Kraftstoff und Luft, welches – daher der Name – verbrannt wird. Wie dieses Gemisch nun erzeugt, vor allem auch wann und nicht zuletzt wie es angezündet wird, unterscheidet die beiden grundlegenden Gruppen der Diesel- und der Ottomotoren. Wie sie arbeiten und wie sie sich unterscheiden, darum soll es in diesem und dem nächsten Teil der Geschichte von den Verbrennungsmotoren gehen.

Zündkerze: Die Fremzündung ist das entscheidende Merkmal des Ottomotors (Bild: DS  / pixelio.de)

Zuerst war da der Ottomotor. Die Gelehrten mögen sich streiten, ob es nun wirklich Nikolaus August Otto (1832-1891) war, der ihn erfunden hat, oder doch Christian Reithmann (1818-1909) war, oder gar Alphonse Beau de Rochas (1816 bis 1893). Es heißt, dass Deutzens zu Köllen, wo Herr Otto als Chef des Hauses werkelte, dem Reithmann-Christl mit Geld und guten Worten (vor allem ersterem) das Recht abgehandelt hätten, den Nicki-Gustl als Erfinder des Viertaktmotors firmieren zu lassen.

Neu und entscheidend am Otto-Motor war, das bei ihm das Kraftstoff-Luftgemisch verdichtet wird, bevor man es anzündet. Weil damit nämlich die Moleküle des Sauerstoffs in der Verbrennungsluft und des Kraftstoffes näher aneinander gebracht werden, können sie schneller miteinander reagieren, was den Prozess effektiver macht. Genau das passiert aber auch in einem Dieselmotor, so dass man Rudolf Diesels (1858-1913) Erfindung als Abwandlung des Otto-Prinzips betrachten könnte.

Der Ottomotor

Wo ist nun aber der Unterschied? Nun: beide saugen sie erst einmal Luft an und verdichten sie. Beim Ottomotor wird diese Luft bereits beim Ansaugen mit dem Kraftstoff gemischt und das Kraftstoff-Luft-Gemisch dann verdichtet und schließlich angezündet, damit aus der chemischen Energie des Kraftstoffes zunächst Wärmeenergie wird. Die sorgt dann für den Druck, der dann Kraft auf den Kolben ausübt und so in mechanische Arbeit verwandelt wird. Daher auch der Name Wärmekraftmaschine; man könnte auch Wärme-Kraft-Maschine sagen.

Ein einfacher Kolbenschieber-Vergaser, hier verbaut an einer Gummikuh (Bild: Kassander der Minoer / Lizenz: Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert)

Das Feuerchen zum Anzünden des Kraftstoff-Luftgemischs beim Ottomotor kommt sozusagen von außen. In der Praxis ist das schon lange, lange der elektrische Funken einer Zündkerze. Bis zur Entwicklung einer wirklich brauchbaren (Hochspannungs-)Magnet- und der ihr sehr ähnlichen Batteriezündung war das Anzünden des Kraftstoff-Luft-Gemischs immer so ein Problem bei Verbrennungsmotoren.

Weil sich das Gemisch beim Ottomotor nicht selbst anzündet, nennt man ihn auch einen Fremdzünder und das ist der entscheidende Unterschied zwischen dem Nicki-Gustl und dem Rudi. Beim Diesel zündet sich das Gemisch ja selbst an, daher spricht man hier auch von einem Selbstzünder. Dazu aber später.

So wird bei einem einfachen Kolbenschiebervergaser die Kraftstoffmenge passend zur Luftmenge geregelt (Bild: Autor)

Beim Ottomotor wird die Luft also schon beim Ansaugen mit dem Kraftstoff gemischt. Die einfachste Möglichkeit besteht nun darin, ein Brenngas zu verwenden, denn dann muss man dieses lediglich im richtigen Verhältnis mit der notwendigen Luft mischen. Zunächst waren Verbrennungsmotoren ja stationäre Gasmotoren, die mit Leuchtgas (Stadtgas) aus der Gasleitung betrieben wurden.

Weil es aber in den Tagen von Siegfried Marcus (1831-1998), Gottlieb Daimler (1834-1900) und Carl Benz (1844-1929) noch kein Flüssiggas in Flaschen gab, musste man den Gasmotor für flüssige Brennstoffe adaptieren. Eine Art Benzin, nämlich Ligroin oder Leichtbenzin, gab es damals nämlich schon zu kaufen – und zwar z.B. in der Apotheke. Außerdem ist ein flüssiger Brennstoff sehr leicht auf einem Fahrzeug mit- und dem Motor zuzuführen.

Der gute, alte Vergaser – ein Versager?

Das Problem bestand nun aber darin, den flüssigen Kraftstoff so mit der Luft zu mischen, dass eine ähnlich innige Mischung erreicht wurde wie mit Gas. Am Vergaser wurde auch lange herumgebastelt und herumexperimentiert, bis man eine alltagstaugliche Lösung hatte. Was schließlich zufriedenstellend funktionierte, war die Art des Vergasers, die lange hauptsächlich und bei kleinen Motoren heute noch verwendet wurde bzw. wird.

Ein Vergaser aus den Days of Auld (Bild: ebenfalls aus den Days of Auld)

Dieser Vergaser arbeitet mit Unterdruck, welcher das Benzin aus einer Düse saugt und so der Ansaugluft beimischt. Um den Vergaser zu verstehen braucht es ein wenig Physik, genauer gesagt Strömungslehre. Der erste Hauptsatz der Thermodynamik, der so genannte Energieerhaltungssatz, sagt ja, dass Energie nie verschwindet oder aus dem Nichts entsteht. Ein strömendes Fluid, z.B. die Ansaugluft eines Motors enthält immer eine bestimmte Menge Energie pro Raumeinheit. Diese Energie ist die Summe aus der Lage-, der Druck- und der kinetischen Energie die darin steckt. Die Anteile der einzelnen Energiearten können sich dabei ändern, aber ihre Summe nicht und zwar wegen des Energieerhaltungssatzes: „S’geit hald koi Veschpr omasooscht!“ oder neudeutsch: „There aint no such thing as a free lunch.“

Stellen wir uns nun der Einfachheit halber vor, der Durchlass des Vergasers liegt waagerecht und der Motor steht still an einer Stelle und tuckert vor sich hin. Die Ansaugluft kommt aus der ebenfalls still stehende Luft der Umgebung. Um in den Motor hineinzugelangen muss sie sich in Bewegung setzen und wenn sie sich bewegt, enthält sie kinetische Energie, die vorher nicht da war, als sie noch draußen außerhalb des Motors still stand. Diese kinetische Energie muss aber irgendwo herkommen – und zwar kommt sie aus der Druckenergie und deswegen sinkt der Druck, wenn sich die Luft in Bewegung setzt, weil sie in den Vergaser hinein gesaugt wird.

Die Münch-4 TTS-E 1200 war das erste Motorrad der Welt, das mit einer Benzineinspritzung – damals noch eine mechanische Kugelfischer Saugrohr-Einspritzung – ausgerüstet war (Bild: Klaus Nahr from Germany / Freisteller von Auge=mit /Lizenz: Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international“.)

Im Durchlass des Vergasers herrscht deswegen ein geringerer Druck als draußen. Die Düse des Vergasers ragt in diesen Durchlass hinein und ist mit der Schwimmerkammer verbunden, in der das Benzin ist. Die Schwimmerkammer ist nun aber nicht gegen die Außenluft abgeschlossen, so dass in ihr der gleiche Druck herrscht wie in der Umgebungsluft. Deswegen wird das Benzin in der Schwimmerkammer durch die Düse in den Durchlass gedrückt, wo es zerstäubt und sich mit der Ansaugluft zu einem zündfähigen Kraftstoff-Luft-Gemisch vermischt. Das Prinzip ist übrigens das gleiche wie beim Parfümzersstäuber. Deswegen ist der Ausdruck Vergaser eigentlich auch nicht richtig. Das Benzin wird tatsächlich nur zerstäubt und nicht verdampft oder verdunstet, was notwendig wäre, wenn es tatsächlich zu Gas werden sollte.

Die Menge des Benzins, dass durch die Düse gesogen werden kann, wird bei einem einfachen Kolbenschiebervergaser, siehe Bilder, mit der Düsennadel gesteuert. Das ist eine konische Nadel, die am Kolbenschieber befestigt ist und in die Düse ragt. Zieht man durch Drehen am Gasgriff den Schieber hoch, wird nicht nur mehr vom Querschnitt des Vergaserdurchlasses geöffnet, sondern auch mehr vom Düsenquerschnitt.

Das Problem des Vergasers besteht darin, dass man mit ihm das Gemisch nur sehr schwer bis gar nicht regeln kann. Der Kolbenschiebervergaser mit Düsennadel, wie er bei Mopeds, aber auch an größeren Guffeln verbaut wurde, macht die Menge des vergasten Treibstoffs lediglich von der Stellung des Schiebers abhängig, was den verschiedenen Betriebssituationen eines Motorradmotors nicht wirklich gerecht werden kann.

Auch bei japanischen Motorrädern dominiert heute die Benzineinspritzung. Bei der Suzuki TL 1000 wurde sie bereits vor 25 Jahren eingesetzt. (Bild: Andreas Helminger  / pixelio.de)

Manche Motorradmotoren und die meisten Automotoren besitzen Vergaser mit Drosselklappe (siehe Bild), die statt des Schiebers den Durchlass regelt. Vergaserbau ist eine Wissenschaft für sich, deswegen beschäftigten sich auch Spezialfirmen wie Pierburg, Bing, Dell’Orto, Bendix, Keihin und wie sie alle heißen, damit. Um in den unterschiedlichen Betriebssituationen ein möglichst passendes Gemisch zu erhalten, wurde ein gewaltiger technischer Aufwand getrieben. Ich besaß einmal einen BMW 528, dessen Vergaseranlage aus zwei unglaublich komplizierten Doppelvergasern mit einem Gewirr von Unterdruckleitungen bestand und zumindest gefühlt aus annähernd ebenso vielen, wenn nicht gar mehr Einzelteilen als der Rest des auch nicht gerade simplen sechszylindrigen Motors.

Benzineinspritzung

Letztendlich aber war der Vergaser halt doch technisch unbefriedigend und so erfand man die Benzineinspritzung. Zunächst funktionierte sie mechanisch, später elektronisch und heute steuert ein Computer die Gemischaufbereitung. Anhand von allerhand Daten, die von allen möglichen Sensoren am Motor geliefert werden, wird genau berechnet wann wie viel eingespritzt wird.

Einspritzdüse einer Bosch Saugrohreinspritzung (Bild: Florian Lindner/Lizenz: Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung 2.5 generisch“)

Auf diese Weise kann der Ottomotor in den unterschiedlichsten Fahrsituationen mit dem jeweils optimalen Gemisch versorgt werden. Man kann so einem Einspritz-Rechenknecht sogar beibiegen, Prüfstandläufe zu erkennen und sich dann sparsam und abgasarm zu gebärden, während er auf der real existierenden Piste dafür sorgt, dass auch das letzte Pferdchen im Motor sein Futter bekommt und galoppieren kann, wenn man dementsprechend Kitt gibt und Power satt sehen und spüren will. Ein Vergaser kann das halt nicht so und vor allem kann er auch heutigen Abgasnormen kaum bis überhaupt gar nicht gerecht werden. Deswegen ist er bei den Autos schon lange verschwunden und auch bei Moppeds ist heute die Benzineinspritzung Standard, auch wenn die Söhne Nippons der konventionellen Gasanstalt vor des Kraftwerks Toren lange die Treue hielten, wie sich’s braven Samuraiern geziemt.

Saugrohr- und Direkteinspritzung

Nun gibt es bei der Benzineinspritzung zwei grundlegende Varianten, wobei bei beiden die jeweils richtige Menge Pistensaft zur rechten Zeit mit Pumpendruck durch eine oder mehrere Düsen gejagt wird. Die eine ist die Saugrohreinspritzung, die etwa da einspritzt wo in glücklichen Vor-Euro-Norm-Tagen der nun weitestgehend entschlafene Herr Vergaser residierte: Am Ansaugrohr, wie der Name ahnen lässt. Von ihr gibt es zwei Untervarianten, welche auf die wunderschönen, neudeutschen Namen Single Point Injection (SPI) und Multi Point Injection (MPI) hören. Na ja, zugegeben, das klingt tatsächlich weniger trocken als „Einzelpunkteinspritzung“ und „Mehrpunkteinspritzung“.

Im Prinzip das gleiche wie bei den alten Gasmännern: Da gab es auch die frugale Variante, bei der nur ein Aggregat für alle Töpfe zuständig war und opulentere Lösungen bei denen es deren mehrere gab, im Extremfall sogar einen persönlichen Gasi für jeden Zylinder. Und so gibt es auch bei der „Fuel Injection“ die sparsamere Variante mit nur einer Düse für alle und die aufwendigere mit deren mehreren, typischerweise eine ganze, eigene für jeden Zylinderich.

Direkteinspritzung in den Zylinderkopf von BMW (Bild: Ton1~commonswiki /Lizenz: Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“)

Die andere Variante, die Direkteinspritzung lässt ein altes Klischee des Motorenbaus verschwimmen: Das nämlich, dass der Dieselmotor einziger Inhaber des Prädikats „Innere Gemischbildung“ sei. Die Direkteinspritzung verlegt die Gemischbildung nämlich weg von der Peripherie des Motors dahin, wo sie auch beim Diesel erfolgt, ins Zentrum des Geschehens, in den Zylinder nämlich. Deswegen ist ein Triebwerk mit Benzin-Direkteinspritzung aber bei Leibe kein Dieselmotor! Was diesen vom Ottomotor – auch von dem mit innerer Gemischbildung – unterscheidet, soll gleich beleuchtet werden.

Bei der Kraftstoff-Direkteinspritzung wird das Benzin während des Ansaugtaktes in den Zylinder gespritzt. Auch hier kommt die Computerisierbarkeit natürlich voll zum steuerungstechnischen Zuge. Die Direkteinspritzung ist noch viel ausgefuchster als die Saugrohreinspritzung und wohl der augenblickliche State of the Art.

Man denke nun noch angesichts solcher technischer Wunderwerke daran, wie alles begann: Nämlich mit Gottl Daimler, Siggi Marcus und Carlchen Benz, die sich unabhängig voneinander abmühten, auszutüfteln wie man wohl Benzin dazu bringen kann, sich mit Luft gut genug zu vermischen, dass man damit einen Gasmotor füttern kann, um ohne Pferde zu fahren…

Schluss für diesmal! Im nächsten Teil geht es dann um den Dieselmotor.