V) Leistung, Drehzahl, Drehmoment

Dies ist der fünfte Teil eines Mehrteilers, zum ersten Teil geht es hier, zum zweiten hier, zum dritten hier und zum vierten hier.

In den Beschreibungen von Autos und Motorrädern werden im Zusammenhang mit den Motoren typischerweise die beiden Kennwerte maximale Leistung und maximales Drehmoment genannt und die Drehzahlen, bei denen sie jeweils wirken. Jeder weiß eigentlich, je höher dies beiden Werte sind, um so besser. Aber was bedeuten sie genau?

Die Leistung eines Motors verbinden wir mit Höchstgeschwindigkeit, sein Drehmoment mit dem Durchzugsvermögen. Das ist im Grund nicht falsch, aber wie hängt das alles genau zusammen? Um das zu verstehen, ist ein wenig Physik nötig.

Ein wenig Physik: Schinkenwurst, Kraft, Arbeit und Leistung

Arbeit im Sinne der Physik bedeutet, dass eine Kraft entlang eines Wegs wirkt: Zum Beispiel, dass ein Gewicht eine bestimmte Strecke in die Höhe gehoben wird. Die Arbeit ist umso größer, je größer die Kraft ist und je länger der Weg, entlang dessen die Kraft wirkt. Eine Masse von einem Kilogramm übt die Gewichtskraft von 9,81 N aus. In der Praxis rechnet man aber in der Regel der Einfachheit halber mit dem glatten Wert 10 N. Das Gewicht (Newton, früher Kilopond) hängt zwar von der Masse ab, aber nicht nur. Damit eine Masse auch ein Gewicht hat, braucht es auch noch die Erdanziehung bzw. die Gravitation, landläufig auch Schwerkraft genannt, obwohl sie keine Kraft, sondern eine Beschleunigung ist. Und die ist nicht mal auf der guten alten Mami Erde überall genau gleich. Ein Halbpfund Schenkawurrschd (Schinkenwurst) ist bekanntlich ein rechtes Veschper und entspricht 250 g dieser leckeren Fleischware. Es hat die Masse 250 g. Auf dem Mond wäre es zwar leichter, wäre aber immer noch ein genauso gutes Veschper, weil es ja nicht weniger ist, würde aber weniger wiegen. Weil der Mond aufgrund seiner viel kleineren eigenen Masse eine geringere Gewichtskraft auf die 250 g Schinkenwurst ausübt.

Wollten wir nun die Schinkenwurst beschleunigen (zum Beispiel, um sie wegzuwerfen, weil sie verdorben ist und stinkt), müssen wir dazu auf dem Mond für eine bestimmte Beschleunigung genau die gleiche Kraft aufwenden wie auf der Erde – oder sonst wo im bekannten Universum. Deswegen definiert man die Kraft heute mit der Massenträgheit und nicht mehr mit dem Gewicht. Aufgrund der Massenträgheit wehrt eine Masse (z.B. die 250 g Schinkenwurst) sich dagegen, beschleunigt zu werden. Und deswegen muss man für eine bestimmte Beschleunigung einer bestimmten Masse eine bestimmte Kraft aufwenden.

Solch eine Guffel (Harley-Davidson Evo, 63 PS bei 5200 min-1)holt ihre Leistung mehr aus dem Hubraum… (Bild: Ardfern/Lizenz: Creative-Commons Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert)

Die Beschleunigung hat die Einheit m/s2, Meter pro Quadratsekunde. Die ulkige Einheit Quadratsekunde kommt daher, weil die Sekunde zweimal im Nenner landet, den Beschleunigung ist Geschwindigkeit pro Zeit. Also Meter pro Sekunde pro Sekunde. 1 m/s2 bedeutet, das man einen Körper so beschleunigt, dass er in Jede Sekunde um einen Meter pro Sekunde schneller wird. Die Kraft, die man dafür braucht ist dann umso größer, je größer die Masse des Körpers ist. Deswegen gilt

F = m x a

Wobei F die Kraft ist, m die Masse und a die Beschleunigung. Die Beschleunigung ist nun aber Geschwindigkeit pro Zeit

a =v/t

Das v, die Geschwindigkeit, hat die Zeit schon einmal im Nenner

v = s/t (m/s)

und teilt man das ganze also nochmal durch die Zeit, landet deren Einheit, die Sekunde ein weiteres mal im Nenner, wo sie sich mit der dort schon befindlichen Sekunde aus der Geschwindigkeit in m/s zu s x s, also s2 multipliziert.

Will man nun einen Körper der Masse 1 kg mit 1 m/s2 beschleunigen, braucht man dazu wie gesagt eine ganz bestimmte Kraft

F = m x a

1 kgm/s2 = 1 kg x 1 m/s2

Dieses Kilogramm Meter pro Quadratsekunde hört nun auch auf den schönen Namen Newton, abgekürzt N.

1 N = 1kgm/s2

Weil nun die Erde alles anzieht und zwar so, dass sie es mit 9,81 m/s2 beschleunigt wenn sie kann, ist die Gewichtskraft, mit der die Erde an einem kg Masse zerrt

G = 1kg x 9,81 m/s2

also 9,81 N. Das olle Kilopond, das ebenfalls die Gewichtskraft eines Kilogramms Masse beträgt, entspricht als 9,81 N. Der Einfachheit halber rechnet man in der Technik aber mit 10 N Gewichtskraft pro kg Masse.

… und so eine (Kawasaki 500 H1-B, 60 PS bei 7.500 min−1) eher aus der Drehzahl (Bild:Gérard Delafond/Lizenz: Creative-Commons Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert)

Kraft und Weg vergrößern beide die Arbeit. Ein größere Kraft macht die Arbeit größer und ein größerer Weg ebenfalls. Deswegen werden beide multipliziert, wenn man die Arbeit ermitteln will. Hebt man also ein Gewicht von einem Kilogramm mit seiner Gewichtskraft 10 N einem Meter hoch, verrichtet man die Arbeit 1 m x 10 N = 10 Nm. Die Einheiten werden immer genauso miteinander verrechnet wie die Zahlenwerte. Deswegen ergibt sich hier auch für die Arbeit die Einheit Nm, die aber auch einen eigenen Namen hat: Joule, abgekürzt J. 1 J = 1 N x 1 m = 1Nm.

Wenn nun kontinuierlich in jeder Zeiteinheit ein bestimmte Arbeit verrichtet wird, wirkt eine bestimmte Leistung. Kurbelt zum Beispiel jemand das Gewicht mit der Gewichtskraft 10 N in jeder Sekunde 1 m hoch, verrichtet er die Arbeit 10 J in jeder Sekunde einmal und hat dann z.B. nach 10 Sekunden 10 * 10 = 100 J also 100 Nm Arbeit verrichtet. Teilt man diese Arbeit durch die Zeit, kommt man auf die Leistung:

100 J / 10 s = 10 J/s

(oder 10 Nm/s). Würde er die Arbeit 100 J schneller verrichten, z.B. in fünf Sekunden wäre die Leistung größer:

100 J/5 s = 20 J/s

Würde er länger brauchen, etwa 20 s, wäre die Leistung kleiner:

100 J/20 s = 5 J/s

Die Arbeit wird größer wenn der Weg und/oder die Kraft größer werden, deswegen wird auch die Leistung größer, wenn Kraft und/oder Weg größer werden; deswegen werden sie ja auch multipliziert. Wenn aber die Zeit größer wird, wenn man länger braucht für eine bestimmte Arbeit, wird die Leistung kleiner. Mehr Zeit für die gleiche Arbeit ergibt weniger Leistung; deswegen muss man durch die Zeit teilen. Für J/s oder Nm/s gibt es nun den Einheitennamen Watt, abgekürzt W:

1 Nm/s = 1 W

1 J/s = 1 W

Und 1000 Watt sind dann eben ein Kilowatt (kW), so wie 1000 Meter einen Kilometer ergeben.

Exkurs: Das PS

Was aber ist nun das PS, die Pferdestärke? Bei Motoren wird die Leistung ja heute noch außer in kW auch in PS angegeben. Das PS ist die alte Einheit der mechanischen Leistung. Es bezieht sich auf die alte Einheit der Kraft das Pond (p) bzw. Kilopond (kp). Ein Pond ist die Gewichtskraft eines Kilogramms Masse.

Pflügen mit 2 PS: Die Einheit PS entspricht tatsächlich der Dauerzugleistung eines 500 kg schweren Pferdes (Bild: PIXNIO)

Zur der Zeit als man das PS definierte, waren Pferde als Zugtiere tatsächlich noch üblich. Man rechnete damals, dass ein Pferd über längere Zeit auf ein Zehntel seines Gewichts als Zugkraft aufbringen kann. Setzt man die Masse eines durchschnittlichen Pferdes mit 500 kg an, beträgt sein Gewicht 500 kp. Davon kann es ein Zehntel als Zugkraft erbringen, also 50 kp. Die Schrittgeschwindigkeit eines Pferdes rechnete man mit etwa 6 km/h, das ergibt grob 1,5 m/s. Daher ist die Dauerleistung eines Pferdes

50 kp x 1,5 m/s = 75 kpm/s

Rechnet man nun grob, dass ein kp etwa 10 N sind, wird daraus:

500 N x 1,5 m/s = 750 Nm/s

oder 750 J/s oder 750 W.

Ein kW mit seinen 1000 W entspricht also ungefähr 1 1/3 PS. Tatsächlich rechnet man, dass 1 kW 1,36 PS entspricht. Das liegt daran, dass man beim Ermitteln dieses Faktor mit dem genauen Wert 1 kp = 9,81 N gearbeitet hat.

Eine Kraft, die an einem Hebelarm angreift, erzeugt ein Drehmoment (Bild: Autor)

In der Praxis kann man aber ruhig kW in PS umrechnen, indem man einfach ein Drittel auf die kW draufrechnet.

Drehmoment, Arbeit und Leistung

Ein Drehmoment erzeugen wir zum Beispiel, wenn wir mit einem Schraubenschlüssel eine Schraube auf- oder zudrehen. Unsere Kraft wirkt dabei an dem Hebelarm, den die Länge des Schraubenschlüssels darstellt. Eine Kraft, die mit einem Hebelarm an etwas angreift, erzeugt ein Drehmoment. Wenn wir mit einer bestimmten Kraft am Schraubenschlüssel ziehen, wird durch den Hebel des Schraubenschlüssels daraus das Drehmoment, mit dem wir die Schraube anziehen.

Auch der Kolben eines Motors übt im Arbeitstakt eine Kraft auf die Kurbelwelle aus, die durch den Abstand zwischen Kurbelwellenachse und der Achse des Pleuelfußlagers (den halben Hub) mit einem Hebelarm angreift. Dadurch entsteht an der Kurbelwelle ein Drehmoment. Ein Drehmoment wird größer, wenn die Kraft größer wird, aber auch wenn der Hebel länger wird. Deswegen werden Kraft F und Hebelarm l multipliziert, um dass Drehmoment M zu erhalten, das nun komischerweise auch in Nm angegeben wird, wie die Arbeit. Dass das eigentlich aber nicht verwunderlich ist, werden wir gleich sehen.

M = F x l

1 Nm = 1 N x 1 m

Eigentlich ändert sich das Drehmoment eines Motors ständig, weil sich mit der Kurbelwellendrehung der Angriffswinkel des Pleuel ständig ändert und damit der wirksame Hebelarm. Außerdem übt der Kolben ja seine Kraft nur während des Arbeitstaktes aus. Durch die Schwungmasse und auch durch mehrere Zylinder die abwechselnd im Arbeitstakt sind, gleicht sich das mehr oder weniger zu einer Art Durchschnittswert aus, mit dem man dann rechnen kann.

Auch der Kolben in einem Motor übt eine Kraft mit einem Hebelarm aus, wodurch das Drehmoment an der Kurbelwelle entsteht. (Bild: Autor)

Wie hängen nun aber Drehmoment und Arbeit zusammen, so dass sie nominell die gleiche Einheit haben? Wenn nun ein Welle mit einem bestimmten Drehmoment einmal gedreht wird, hat die Kraft am Hebelarm, die das Drehmoment erzeugt, einen Weg zurückgelegt, der dem Umfang des Kreises entspricht, auf dem sie sich bewegt hat.

Der Verlauf des Drehmoments über der Drehzahl…

Der Radius dieses Kreises ist der Hebelarm und sein Umfang daher 2 π mal der Hebelarm. Ein Newton, dass eine Kurbel mit einem Meter Länge einmal dreht, hat also

1 N x 1 m x 2 π = 6,28 Nm

Arbeit verrichtet. Zieht man die Kraft F und den Radius l (der ja gleichzeitig der Hebelarm ist) mit der Formel

M = F x l

M = 1 N x 1 m

zu

M = 1Nm

zusammen, wird daraus das Drehmoment M und aus der Formel

1 Nm x 2 π = 6,28 Nm

also 6,28 J.

Zusammengefasst kann man also sagen, dass bei jeder Kurbelumdrehung eine Arbeit verrichtet wir, die 2 π mal dem Drehmoment entspricht. Daraus ergibt sich dann, da Leistung ja Arbeit in der Zeit ist, die Arbeit, die pro Sekunde verrichtet wird, dass die Leistung P dem Drehmoment mal 2 π mal der Anzahl der Umdrehungen pro Sekunde entspricht.

… der Verlauf der Leistung über der Drehzahl…

Dabei muss man aber aufpassen: Drehzahlen mit dem Formelzeichen n werden in 1/min (also Umdrehungen pro Minute) angegeben, für die Leistung nach dem obigen Zusammenhang muss man aber mit den Umdrehungen pro Sekunde rechnen. Nehmen wir dafür das Formelzeichen frot, dann kann man so schreiben:

P = 2 π x frot x M

Man kann es auch so ausdrücken: Die Leistung bekommt man wenn man die Drehzahl pro Minute durch 60 teilt und diesen Wert mit 2 π und dem Drehmoment malnimmt:

Leistung = Drehzahl/60 x 2 π mal Drehmoment

Drehmoment, Drehzahl und Leistung beim Verbrennungsmotor

Das Drehmoment eines Motors hängt nun zunächst mal davon ab, welche Kraft gerade am Kolben wirkt. Und die ist jetzt im Prinzip davon abhängig, wie viel Kraftstoff gerade im Zylinder verbrannt wird. Der Gaswechsel funktioniert bei bestimmten Drehzahlen besser und bei anderen schlechter. Deswegen zeigt man den Wert des Drehmoments auch als Kurve über der Drehzahl. Tatsächlich steigt das Drehmoment eines Motor zunächst mit der Drehzahl an und fällt dann irgendwann wieder ab. Daraus ergibt sich dann das Drehzahl-Drehmoment-Diagramm, aus dem man ablesen kann, welches Drehmoment ein Motor bei welcher Drehzahl bringt.

Aus dem Drehmoment bei einer bestimmten Drehzahl und eben dieser Drehzahl kann man nun mit dem Zusammenhang zwischen Drehmoment, Drehzahl und Leistung die Leistung bei dieser jeweiligen Drehzahl ausrechnen. Das ergibt dann das Drehzahl-Leistungsdiagramm. Die beiden werden in der Praxis meistens in ein Bild gezeichnet, hier sind sie zusätzlich auch mal als zwei Diagramme dargestellt.

… und beide zusammen in einem Diagramm. Bei dieser Darstellung kann man den Zusammenhang zwischen Drehzahl, Drehmoment und Leistung besser nachvollziehen, als mit zwei einzelnen Diagrammen.

Das Geheimnis des abgesägten Krümmers

In den Siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, als ich ein Moped-Jüngling war, konnte man an Mopeds noch verhältnismäßig ungestraft die große Tuningfeile ansetzen, denn die Polizei hatte noch nicht das Equipment und die Informationen, um einem auf der Stelle nachzuweisen, dass der Bock, mit dem sie einen erwischt hatten, eine zu hohe Leistung brachte bzw. unerlaubt verändert wurde. Ich bin nie erwischt worden, aber dem Vernehmen nach lief das dann darauf hinaus, dass man demnächst mit der Mühle zwecks Überprüfung beim TÜV erscheinen musste. So hatte man Zeit, den Originalzustand wieder herzustellen (man war ja nicht so dumm, Teile illegal zu bearbeiten, für die man keinen unveränderten Ersatz hatte) und beim Termin dann als flötender Unschuldsengel dazustehen.

Allerdings hätte der Spaß mit einem solchen getunten Moped trotzdem böse enden können: Wenn man nämlich einen entsprechend schweren Unfall verursacht hätte, dass die Versicherung das Fahrzeug hätte beschlagnahmen und untersuchen lassen. Dann hätte sie nämlich aufgrund der durch die Tuningmaßnahmen erloschen Betriebserlaubnis nicht gezahlt und man hätte unter Umständen auf einem Schuldenberg fürs Leben gesessen und letzteres fürderhin mit dem monatlichen Pfändungsfreibetrag gefristet.

Heute ist das nicht mehr ganz so schlimm, denn es gibt ja die Privatinsolvenz, oder? Wenn es sich um eine Schuld handelt, die einmal entstanden ist, einen hohen Sachschaden oder Behandlungskosten und Schmerzensgeld, okay. Dann wird man die Schulden so wohl wieder los. Aber was ist mit einer Schuld, die jeden Monat wieder neu entsteht? Eine Rente, die man jemandem zahlen muss, weil man ihn erwerbsunfähig gefahren hat? Oder die Witwenrente, wenn er tot ist? Und wenn man dann auch noch die Kinder eines Toten oder Erwerbsunfähigen studieren lassen muss?

Das gilt übrigens keineswegs nur für Roller-Kids mit Chiptuning etc. pp. Nein, für uns alle, wenn wir etwa den Auspuff zwecks sonorem Sound manipulieren oder irgendwelche ungenehmigten Teile anschrauben. Und natürlich auch für die Dosentreiber, die ja zum Teil auch solche Dinge tun. Der Ärger mit der Polizei ist dabei das geringste. Viel schlimmer ist, wenn man einen Unfall hat und die Versicherung wegen erloschener Betriebserlaubnis nicht zahlt!

In den gar trefflichen Mopedmotoren von Zündapp konnte man recht anständig Feuer machen (Bild: Alf van Beem/Lizenz: CC0 1.0 Universal Public Domain Dedication)

Okay, großen Droh-Zeigefinger wieder eingeklappt und zurück zum Tuning. Ein einfaches und probates Mittel zur Leistungssteigerung war das Kürzen des Auspuffkrümmers bei unseren Zweitaktern. Ja, wie? Ist nicht jede Veränderung am Auspuff eines Zweitakters eine Verschlechterung? Nicht unbedingt. Nur wenn man einfach den Schalldämpfer rausoperiert oder sonst wie unsachgemäß etwas verändert. Natürlich kann man mit Veränderungen am Auspuff die Leistung durchaus auch steigern. Wenn man weiß, was man tut. Bzw. etwas tut, was einem einer geraten hat, der weiß, was man tun muss.

Das Innenleben des Auspuffs durch eine andere Abstimmung pro Leistung zu verändern, wäre mit unseren damaligen technischen Mitteln in der Kellerwerkstatt schwer bis gar nicht möglich gewesen. Das Kürzen des Krümmers aber schon. Aber was passiert dabei?

Schauen wir uns mal das Leistung/Drehmoment-Diagramm in der Abbildung an: Das Drehmoment hängt eindeutig mit der Drehzahl zusammen. Die Leistung natürlich auch, dazu aber gleich. Der Gasaustausch funktioniert am besten in einem bestimmten Drehzahlbereich. Und hier bekommt man das höchste Drehmoment. Am Anfang steigt das Drehmoment mit der Drehzahl, dann bleibt es hier so bei 4000 bis 6000 Touren etwa konstant und fällt dann wieder ab.

Da die Leistung ja von Drehzahl und Drehmoment abhängt, steigt die Leistung solange mit der Drehzahl, wie das Drehmoment zunimmt und auch noch, solange es einigermaßen konstant ist. Sogar, wenn es jenseits der 6000/min leicht zu fallen beginnt, steigt die Leistung noch etwas mit der Drehzahl an. Erst wenn das Drehmoment stärker ab-, als die Drehzahl zunimmt, beginnt die Leistung trotz weiter steigender Drehzahl abzunehmen. Hier beginnt dann aber auch schon bald der rote Bereich des Drehzahlmessers.

Die Leistung lässt sich ja nun über das Drehmoment und die Drehzahl steigern. Das Drehmoment kann man ohne Hubraumvergrößerung nur begrenzt erhöhen, durch eine bessere Füllung des Zylinders oder eine Erhöhung der Verdichtung. Letzteres erreichte man übrigens mit einem weiteren probaten Mittel, der Abnahme von Material am Zylinderkopf. Zum Beispiel mit einer Feile. Hier waren die Metall-Azubis klar im Vorteil, wenn sie brav ihre U-Eisen gefeilt hatten und so in der Lage waren, hinreichend eben zu feilen. Bei Zündapp-Motoren ging es ganz geschickt: Bei Combinette, Falconette und Co saß das Zündkerzenloch schön zentrisch im Zylinderkopf. Man konnte sich daher einen Dorn mit Zündkerzengewinde als Aufnahme drehen, so dass man den Kopf schön planlaufend auf der Drehbank spannen und topfeben abdrehen konnte.

Am meisten aber brachte es, wenn man dem Motor mehr Luft zum Atmen verschaffte. Manchmal brachte ein Vergaser mit einem größeren Durchlass schon etwas, aber nur, wenn Einlass, Überströmkanäle und Auslass die zusätzliche Luft auch verdauen konnten. Sonst musste auch hier spanabhebend bearbeitet werden.

Zurück zum abgesägten Krümmer: Wie also wirkt sich der aus? Im Post über Zwei- und Viertakter wurde festgestellt, dass beim Zweitakter das Prallblech im Auspuff die Druckwelle der Auspuffgase reflektiert und das Frischgas wieder in den Zylinder zurückscheucht, das bis in den Krümmer geraten ist. Und dann sollte auch schon der nun wieder aufwärts gehende Kolben den Auspuffschlitz verschließen.

Das funktioniert am besten in einem bestimmten Drehzahlbereich, theoretisch ideal sogar nur bei einer ganz bestimmten Drehzahl. Dann nämlich, wenn der Kolben den Auspuffschlitz genau dann zumacht, wenn alles Frischgas, aber noch kein Auspuffgas wieder in den Zylinder zurück gedrückt wurde.

Dazu muss die Zeit, die der Auspuffschlitz offen ist, zu der Zeit passen, welche die Druckwelle benötigt, um bis zum Prallblech und von dort wieder zurück zu gelangen. Diese Zeit, die der Auspuffschlitz offen ist, hängt aber von der Drehzahl ab. Daher klappt der Gaswechsel in einem ganz bestimmten Drehzahlbereich am besten und hier haben wir dann auch das höchste Drehmoment.

Es bleibt dabei: Hubraum ist halt nur durch noch mehr Hubraum zu ersetzen. (Bild: Autor)

Je kürzer der Weg vom Auslassschlitz zum Prallblech im Auspufftopf ist, desto höher ist die Drehzahl, bei der alles sauber zusammenpasst, also das höchste Drehmoment entsteht. Durch Kürzen des Krümmers verkürzt man diesen Weg und verschiebt so den Bereich des höchsten Drehmoments in einen höheren Drehzahlbereich. Und da die Leistung ja vom Produkt aus Drehzahl und Drehmoment abhängt, steigt sie durch diese Maßnahme.

Natürlich muss der Zylinder dann auch bei der höheren Drehzahl mit genügend Gemisch versorgt werden. Dazu wurde dann an den Kanälen gearbeitet und ein größerer Vergaser angebaut. Einzelne Maßnahmen brachten nur wenig, das Zusammenspiel mehrerer Veränderungen schon eher.

Der Begriff der Literleistung

Ein Maß dafür, wie stark ein Motor seine Leistung aus der Drehzahl und wie stark aus dem Hubraum holt, ist die Literleistung – Leistung geteilt durch Hubraum. Ein Motor, der 200 PS aus zwei Liter Hubraum holt, hat eine Listerleistung von 100 PS/l. Bei den 50ern der Siebziger Jahre waren 6,25 PS üblich. Das entspricht einer Literleistung von 125 PS/l. Das war für die damalige Zeit schon eine ganze Menge, wenn man bedenkt, was heute so üblich ist. Die oben abgebildete 500er Kawa hat ein Literleistung von 120 PS/l, der ebenfalls abgebildete Evo-Motor lediglich eine von ca. 47 PS/l.

Wirklich deutlich erhöhen kann man die Leistung eines vorhandenen Motors nicht, ohne dass man die Drehzahl erhöht. An Mopedmotoren zum Beispiel ließ sich da in der Regel einiges machen. Das bedeutet nun aber auch, dass, wenn man es übertreibt, der Motor schon beim ersten Hochjubeln kaputtgehen kann. Aber auch wenn man es nicht so extrem treibt, bedeutet jede Drehzahlerhöhung natürlich mehr Verschleiß. Ein getunter Motor wird aller Voraussicht nach nicht so lange leben wie ein serienmäßiger.

Das gilt natürlich auch schon bei der Konstruktion. Holt der Konstruktion die Leistung aus dem Hubraum, kommt er mit weniger Drehzahl aus und man erhält einen langlebigen Motor. Und als Dreingabe noch ein satteres Drehmoment.

Also schließen wir diese – zugegebenermaßen recht längliche – Story mit der Feststellung, die ganz am Anfang stand:

Hubraum ist durch nichts zu ersetzen.(Außer durch noch mehr Hubraum.)