Die kleinen Schwestern der dicken Mädels

Harley-Davidson verband und verbindet man eigentlich von jeher mit Hubräumen von einem Liter aufwärts. Tatsächlich aber gab es eigentlich schon immer auch Harleys unter einem Liter Hubraum. Militärmotorräder zum Beispiel, aber auch solche für den zivilen Markt. Darunter Modelle, die der Technik der großen Harleys entsprechen und solche, die andere Motorenkonzepte umsetzen.

Wenn nun tatsächlich diese 500er Harley-Davidson kommt, die derzeit durch die Medien geistert, wäre dies wieder einmal ein Beispiel für eine „Nicht-Harley“ von Harley-Davidson. Man vermutet nämlich, dass dieses Modell eher einer Benelli gleichen wird. So zu sehen auf einem Video, das sich derzeit bei YouTube findet.

Harleys unter einem Liter Hubraum
Die WLA, auch Liberator genannt, hatte eine Flathead-Maschine mit 742 ccm3 Hubraum, gehört also auch zu den Harleys unter einem Liter Hubraum (Bild: Piero at Dutch Wikipedia/Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 2.5 Generic)

Harleys unter einem Liter Hubraum waren auch früher schon oft solche „Nicht-Harleys“: So gehörte ab den sechziger Jahren ja die Motorradsparte von Aermacchi zu Harley-Davidson. Deren Modellpalette wurde unter dem Namen Harley-Davidson vertrieben, sodass die Marke auch den Bereich der kleineren Motorräder abdeckte.

Harleys unter einem Liter Hubraum für das Militär

Bereits in den alten Tagen gab es Harleys unter einem Liter Hubraum, die dem Konzept des langhubigen V2 mit 45° Zylinderwinkel entsprachen. In großer Anzahl produzierte man in Milwaukee vor allem während des Zweiten Weltkriegs die WLA. Diese war eine 750er Flathead; genauer gesagt, eine mit 742 cm³ Hubraum. Sie war auch unter dem Namen „Liberator“ bekannt.

Man verwendete hier den steinzeitlichen Flathead-Motor, weil der Knucklehead nicht über den Weg zu trauen war. Dieses erste Modell mit hängenden Ventilen hatte nämlich noch Kinderkrankheiten.

Auch die XA, die Boxer-Harley lag mit 738 cm³ Hubraum in dieser Größenordnung. Natürlich auch eine „Nicht-Harley“, eine dreiste Kopie der BMW R 71. Für den Hersteller des Originals übrigens auch schon antiquiert, da seitengesteuert. Von diesem Motorrad wurden allerdings nur ungefähr 1000 Stück für Erprobungszwecke gefertigt.

Aktuelle Harleys unter einem Liter Hubraum

Aber auch der Zeit existieren V-Motoren unter 1000 cm³ in der Modellpalette aus Milwaukee. Die Harley-Davidson Street 750, die es für den asiatischen Markt auch mit einem halben Liter Hubraum gibt. Mit ihrem hurzhubigen 60°-V-Zweizylinder und oben liegende Nockenwellen spielt sie sozusagen in der Liga der kleineren „Harleys für Arme“, die in den Achtzigern von der „Ur-Virago“, der Yamaha XV 750 eröffnet wurde.

Harley-Davidson Street 750
Seit 2014 gibt es auch eine „Harley für Arme“ von Harley-Davidson selbst: Die Street 750 spielt auch in der Klasse der Harleys unter einem Liter Hubraum (Bild: Erikko85/Lizenz: Creative Commons „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international“

Dieses Motorrad wird komplett in Indien gebaut. In Europa erfreut es sich keiner besonderen Beliebtheit. Das mag daran liegen, dass Harley-Fahrer „richtige“ Harleys wollen. Und die Interessenten für längs eingebaute V-Motoren der anderen Art lieber zu den Japanerinnen greifen.

Die eingangs erwähnte geheimnisvolle 500er ist nun natürlich überhaupt keine wirklich Harley. Man vermutet, dass diese Harley unter 1 l Hubraum eher Ähnlichkeit mit der Benelli Leoncino 500 hat. Und wird offensichtlich bei QJ Motor in China gebaut. So ein Reihen-Zweizylinder ist nun für Harley-Davidson untypisch. Es ist durchaus denkbar, dass die Leute aus Milwaukee auch damit bei neuen Käuferschichten Fuß fassen wollen, da die Generation Harley-Davidson ja so langsam zu verschwinden beginnt.