Grausamkeiten und Akzeptables aus dem Reich der Mitte

Dass Elektronik heute großenteils aus China kommt, ist bereits selbstverständlich geworden. Mittlerweile kommen aber auch Motorräder aus China. Zum Teil gnadenlose Kopien westlicher bzw. japanischer Motorräder, aber auch (angeblich) selbst entwickeltes. Gibt es hier Gutes für kleines Geld oder bekommt man für seine sauer verdienten Kröten schlimmen Schund angedreht?

Motorräder aus China: Donghai 750 solo
Die 750er Donghai kann man auch solo fahren (Bild: Whk311/Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unporte)

Mit dem zweiten Motorradboom traten in Deutschland die Japaner auf den Plan. Als ich mich gegen Mitte der siebziger Jahre für Motorräder zu interessieren begann, waren die vier großen Japaner bereits etablierte Marken. Begonnen hatten sie aber auch mit Kopien. So war die erste Yamaha eine dreiste Kopie der DKW RT 125. Und jetzt das Gleiche aus China?

Kopierte Gespanne

Irgendwann in den Achtzigern oder Neunziger bekam ich das erste Mal etwas über ein chinesisches Motorrad zu lesen: Ein Gespann mit einem Boxermotor namens – soweit ich mich erinnere – Donghai. Irgendwo muss sich da aber ein Fehler eingeschlichen haben. Oder der Name hat gewechselt. Heute jedenfalls gibt es so ein Motorrad unter dem Namen Chang Jiang. Das Ding sieht aus wie eine Ural von anno dunnemals, kopierte Uralt-BMW-Technik also.

Longcin LX 250 als Feuerspritze
Glaubt man’s? Motorräder aus China als Feuerspritzen! Übrigens: Der bullige Eindruck des Cruiser (Longcin LX 250) täuscht. Ärmliche 250 ccm zerren das Löschgerät samt Brandbekämpfer zum Einsatz (Bild:Cristian Hernandez Sotero/Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International)

Unter dem Namen Donghai wird auch heute noch ein Gespann vertrieben. Das wird allerdings von einem Paralleltwin angetrieben. Der wiederum ist eine dreiste Kopie eines steinalten Motors von Triumph.

Doch es gibt auch jede Menge andere Motorräder aus China. Maschinen, die auf den europäischen Markt wollen und etwas groß geratene Mopeds für den asiatischen Markt. Und auch elektrische Motorräder und Roller. Dem Vernehmen nach ist die Qualität der Motorräder aus China jedoch großenteils bis überwiegend unterirdisch.

Motorräder aus China: miese Kopien?

Miese Kopien und sonstigen Schund aus dem Reich der Mitte kennt man schon lange. China-Schrott halt. In Baumärkten finden sich – oft als Sonderangebote – Werkzeuge, die nur wenige Male bis überhaupt nicht funktionieren. Es kommt auch schon mal vor, dass da etwas verkauft wird, was überhaupt nicht funktionieren kann. Offensichtlich hat man in solchen Fällen irgendetwas nur dem Aussehen nach kopiert, ohne die Funktionsfähigkeit zu überprüfen.

Motorräder aus China: Zhongshen ZX 450
Auch an Enduros versucht man sich im Reich der Mitte: Eine Zongshen ZX 450 (Bild: Tigarnew/Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International)

Da fragt man sich natürlich, was sich da wohl Schreckliches unter den Verkleidungen und Gehäusedeckeln chinesischer Motorräder versteckt. Die Motorrad-Website 1000PS stellt neun Motorräder aus China vor. Kopien, die man dort zum Weinen findet. Unter anderem ein Plagiat der Ducati 1098. Unter deren imitierter Verkleidung verrichten dürftige 150, 200 oder 300 cm³ Einzylinder-Motörchen mit dünnem Geplärre ihren Dienst.

Gibt es auch brauchbare bis gute Motorräder aus China?

Das Urgestein der deutschen Motorradzeitschriften, MOTORRAD, geht etwas freundlicher mit den Guffeln aus Asien um. Dort erfährt man dann, dass auch namhafte Hersteller mit chinesischen Firmen kooperieren. Dabei geht es nicht nur um den Vertrieb der Motorräder aus China, sondern auch um gemeinsame Forschung und Entwicklung.

Motorräder aus China: Keeway Cruiser
Also, diese Keeway Cruiser darf meine gute, alte Elfie nicht sehen: Eine Harley für ganz, ganz Arme aus dem Reich der Mitte. Schwächliche 18 PS müssen dieses üble Kopie einer 250er Virago (wiegt mit 174 kg 20 kg mehr als das Original und bald so viel wie eine XV 535 Virago mit 48 PS) samt Biker über den Highway schleppen (Bild: Dickelbers/Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported)

Ob wir uns nun an Motorräder aus China und Marken wie Jonway, Kengo, Jiajue und Xgjao gewöhnen werden, so wie wir uns an Honda, Yamaha, Kawasaki und Suzuki gewöhnt haben, wird sich zeigen. Ob sie die Qualität erreichen werden, die wir mittlerweile von den einstigen Exoten aus Japan gewöhnt sind, ebenfalls.

Was positiv erscheint: Wie man erfährt, werden in China viele Retrobikes gebaut. Wo die Originale aber noch durch Vergaser atmeten, verwenden die kopierten Motorräder aus China heute oft Einspritzanlagen. Trotzdem verzichtet man großenteils auf die technischen Gimmicks, wie sie heute bei Motorrädern üblich sind. Das bedeutet natürlich auch: Etwas, das nicht da ist, kann nicht kaputt gehen. Und dass das, was trotzdem kaputtgeht, leicht repariert werden kann.

Im Markendschungel der Motorräder aus China

Einen Überblick über die Motorräder aus China zu behalten, scheint schwer bis unmöglich. Es gibt dort derzeit, wie bei uns vor und kurz nach dem Zweiten Weltkrieg eine dreistellige Anzahl von Herstellern und Marken. Laut MOTORRAD seien aber beileibe nicht alle Schund. Tatsächlich, weiß man dort bei den Altmeistern, verbauen auch schon namhafte Hersteller in China gebaute Motoren in ihre zuhause gebauten Rahmen ein. Angeblich kann man in China mittlerweile auch Qualität. Wir werden sehen…