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Woher weiß der das?

Warum Google unterscheiden kann, ob man mit dem Bike oder der Dose unterwegs ist

Der Datenkrake Google ist ja an sich schon gruselig. Es gibt da aber etwas – vermutlich nicht das einzige ziemlich bedenkliche – was mir zunächst besonders gruselig vorkam: Woher weiß Google, ob ich irgendwo mit dem Mopped oder mit der Gummirutsche war?

Woher weiß Google, ob wir mit dem Auto oder dem Bike unterwegs sind? (Bild: Roland Zumbühl von Picswiss/Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported)

Es gibt bei Google eine Sache, die heißt Zeitachse. Wenn man auf seinem Handy das GPS mitlaufen hat, kann Google einem in dieser so genannten Zeitachse zeigen, wo man wann war. Das ist schon mal bedenklich. Was daran aber besonders perfide ist: Google weiß auch, ob man die jeweiligen Fahrtstrecken mit dem Motorrad oder dem Auto zurückgelegt hat. Wie geht das?

Google hält sich ja offensichtlich gerne bedeckt, wenn es um seine Algorithmen geht. Zum Beispiel rätseln SEOs (Search Engine Optimizer) auch schon seit Urzeiten darüber, wie Google die Relevanz eines Netzinhaltes zu einem Thema bewertet, wie man also einen solchen Inhalt gestalten muss, dass er bei Google möglichst weit oben erscheint. Google verrät das aber nicht, gibt allenfalls nebulöse Tipps.

Die Geschichte mit der Unterscheidung von Schlitten und Schüssel ist aber recht leicht zu erklären, wenn man zwei Dinge weiß: Dass ein modernes Smartphone seine Lage im Raum erkennen kann und wie jeweils welche Kräfte beim Fahren mit dem Auto und dem Motorrad wirken. Interessant ist das zweite zusätzlich, weil man dabei etwas Grundlegendes über Fahrphysik lernen kann.

Kräfte an einem Fahrzeug

Bei der Fahrphysik von Auto und Motorrad geht es darum, welche Kräfte an der Einheit Fahrer/Fahrzeug wirken. Wenn man weiß, welche Kräfte in einer Fahrsituation wirken, kann man zum Beispiel erklären, warum man in einer gegebenen Situation aus der Kurve fliegt und – noch wichtiger – daraus herleiten, wie man eine solche Situation entschärft oder noch besser ganz vermeidet.

Kurvenkräfte beim Auto und beim Motorrad (Bild: Autor)

Ein Knackpunkt in der Mechanik ist, dass Kräfte Vektoren sind. Ein Vektor ist ein Wert, der nicht nur eine Größe, sondern auch ein Richtung hat. Wie zum Beispiel ein Weg („2 km nach NNW“) oder eben eine Kraft. Einen Wert, der nur eine Größe hat, wie z.B. die Temperatur, nennt man Skalar. Wie den Zierfisch (Gibt’s die eigentlich noch oder sind die aus der Mode?)

Ein weiterer Knackpunkt ist, dass man Kräfte zusammenfassen kann, dass ist eine Anwendung der Vektoraddition. Alle Kräfte (und Drehmomente), die auf einen Körper wirken kann man zu einer einzigen Ersatzkraft (und einem Ersatzdrehmoment) zusammenfassen. Man kann das rechnerisch machen mit Sinus und Kosinus, aber es geht auch ganz einfach zeichnerisch. In der Abbildung sieht man links ein so genanntes Kräfteparallelogramm, mit dem man sowas macht. Man zeichnet die beiden Kräfte mit den jeweiligen Richtungen als Pfeile ein. Die Länge der Pfeile entspricht der Größe der Kräfte und einem Kräftemaßstab; z.B. 1 cm für je 10 N oder was eben der Größe der Kräfte entsprechend geschickt ist.

Nun zieht man durch die jeweils durch die Spitze jedes Pfeils eine Parallele zum jeweils anderen Pfeil. Damit ergänzt man das ganze zu einem Parallelogramm, dessen Diagonale nun der Gesamtkraft, der Resultierenden entspricht. Man braucht nur noch deren Länge und den Winkel (z:B. zu einer der beiden Teilkräfte) zu messen sowie die Länge mit dem Kräftemaßstab umzurechnen.

Kurvenkräfte beim Auto und Motorrad

Mit Hilfe eines solchen Kräfteparallelogramms kann man sich nun auch klarmachen, wohin jeweils welche Kräfte wirken, wenn man mit einer Dose oder einer Guffel eine Kurve fährt. In der Abbildung ist beides dargestellt.

Wenn man geradeaus fährt, wirkt nur eine Kraft, die Gewichtskraft G und zwar senkrecht nach unten. Fährt man aber ein Kurve, kommt die Zentrifugalkraft, die Fliehkraft in Spiel. Beide Kräfte addieren sich zur resultierenden Kraft R und die wirkt schräg zur Kurvenaußenseite nach unten.

Das ist bei der Dose nicht anders als bei der Guffel. Der Unterschied ist der folgende: Das Auto bleibt in der Kurve mehr oder weniger aufrecht. Das Motorrad neigt sich zur Kurveninnenseite, weil man sich in die Kurve legt. Deswegen wirkt die Resultierende aus Gewichts- und Fliehkraft beim Auto auf einmal schräg zu Hochachse, beim Motorrad wirkt sie weiterhin in deren Richtung, ist lediglich größer geworden. Tatsächlich spüren wir beim Kurvenfahren mit dem Bike am Allerwertesten, im Magen und den Knien am Tank keine Querkraft, die uns seitlich auf dem Sattel verschieben will; allenfalls merken wir, dass wir sozusagen etwas schwerer sind, weil uns die Fliehkraft zusätzlich senkrecht auf den Sitz drückt.

Ein pfiffiger Sensor…

In einem modernen Smartphone ist nun ein kleiner Sensor eingebaut, der zweierlei merkt: Zum einen spürt er die Schwerkraft, also die Erdanziehung und zum andern das Magnetfeld von Mutter Erde. Das Smartphone weiß daher immer, wo Oben und wo Norden ist. Weil es weiß, wo Norden ist, kann zum Beispiel eine Navi-App die Karte auf dem Display nach der Fahrtrichtung ausrichten. Und weil es weiß, wo Oben ist, kann es die Anzeige mitdrehen, wenn man es dreht.

Die Wo-ist-Oben-Funktion dieses Sensors arbeitet im Ergebnis wie ein Lot oder eine Libelle. Würden wir in einem Auto ein Lot aufhängen, würde es bei Kurven immer zur Kurvenaußenseite ausgelenkt. Würden wir das auf einem Motorrad (natürlich vor dem Fahrtwind geschützt) machen, bliebe das Lot auch in den Kurven in der Hochachse des Bikes. Es wird zwar genauso ausgelenkt wie beim Auto, aber beim In-die-Kurve-Legen richtet man sich ja nach der resultierenden aus Gewichts- und Schwerkraft aus.

… und die GPS-Daten

Der Sensor spürt die Fliehkraft beim Kurvenfahren auf dem Motorrad also genauso wenig wie unser Magen, wohl aber – ebenfalls wie unser Magen – im Auto. Genau umgekehrt zur Realität denkt das Handy beim Autofahren in der Kurve, dass es gekippt wird, weil die Resultierende aus Fliehkraft und Gewichtskraft – die es sozusagen für die Gewichtskraft alleine hält – ihre Lage zum Handy ändert. Aus dem gleichen Grund denkt es beim Motorradfahren in der Kurve, dass es nicht gekippt wird.

Wenn man mit dem Navi fährt, macht das Symbol auf der Karte alle unsere Bewegungen ja quasi in Echtzeit mit. Anhand der GPS-Daten weiß Google also genau, wenn wir eine Kurve fahren. Und dadurch kann er auch feststellen, ob wir auf der Guffel oder in der Dose hocken: Fahren wir laut den GPS-Daten eine Kurve und der Sensor stellt eine Kippbewegung fest, müssen wir in einem Auto sitzen. Wird kein Kippen gemeldet müssen wir mit dem Bike unterwegs sein.

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  1. Daniel Matter

    Hallo
    Ich bin kein Motorradfahrer. Trotzdem meinte Google, ich sei 50km mit dem Motorrad gefahren. Vielleicht war ich zu schnell unterwegs mit dem Rennrad :-).

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