I) Werden wir uns elektrische Motorräder antun müssen?
Stell Dir vor, Du sitzt auf Deinem Bike und drehst am Gasgriff. Es beschleunigt zwar, aber statt kernigem Sound aus blechernen Tüten dringt nur das Geräusch einer anfahrend Straßenbahn an Dein Ohr. Hoffentlich wachst Du jetzt auf – schweißgebadet zwar und am ganzen Leib zitternd – kannst in die Garage gehen und Deine liebe Guffel umarmen, küssen und streicheln, die zum Glück nach wie vor ihren Vortrieb mit ein, zwei, drei oder mehr Kolben in ebenso vielen Zylindern aus verbrennenden Kohlenwasserstoffen erzeugt.
Dieser Albtraum scheint nun bereits Realität zu werden: Tatsächlich gibt es schon „Motorräder“ mit Elektroantrieb und – schlimmer noch – ein paar Leute die so was tatsächlich kaufen. Wird es tatsächlich nach 2030 keine anständigen Krafträder mehr geben, die ihre Antriebsleistung thermisch und mit oszillierenden Kolben gewinnen? Dieses Thema wir zwar immer mit Blick auf das Auto diskutiert, aber es betrifft uns Moppedler auch und soagr ganz besonders.
Dann lasst und mal einen „Faktencheck“ machen, wie sowas ja neuerdings in den Medien heißt. Zunächst im ersten Teil: Wie steht es wirklich um den Elektroantrieb für Kraftfahrzeuge? Was spricht dafür? Was dagegen? – Und natürlich, aber im dritten Teil, nachdem wir uns im zweiten mit ein paar grundsätzlichen Dingen zu Kraftstoffen befast haben: Was geht als Alternative dazu?.
Unrealistische Vorstellungen
Es ist schon sonderbar, wie sehr heutzutage nicht nur ganz gewöhnliche Leute, sondern auch Politiker einfache Realitäten verkennen, ganz einfach verdrängen – oder sogar bewusst ignorieren. „Traumtänzer“ ist das Wort, welches mir spontan einfällt, wenn ich höre, was gewisse Politiker zum Thema Elektroauto phantasieren: Nun hat es sich jerst kürzlich im Falle Glyphosat gezeigt, dass internationale Großunternehmen der (Petro-)Chemie Verbote von erwiesenermaßen gefährlichen, weil krebseregenden Agrarchemikalien und dergleichen mit ihrem Einfluss auf die Politik verhindern können. Glaubt vor diesem Hintergrund eigentlich noch ein Mensch ernsthaft, dass sich internationale Großkonzerne wie Shell, Exxon und Konsorten so ohne weiteres mit einem „Verbrenner-Aus 2030“ die Existenzgrundlage entziehen lassen?
Das ist aber nur eine Seite. Eine andere ist die technische Machbarkeit. Auch wenn das immer wieder schöngeredet wird: Es gibt bis heute kein alltagstaugliches Elektroauto. Man kann zwar damit zur Arbeit und zum Einkaufen fahren – aber kann man damit auch morgens von Ulm nach Füssen fahren, Schloss Neuschwanstein besichtigen, in Oberstdorf zu Mittag essen und nachmittags am Rückweg noch eine Abstecher an den Bodensee machen, um in Meersburg Kaffee zu trinken? Oder gar nach einem solchen Ausflug abends spontan noch nach Tübingen düsen, weil die Tochter auf einmal furchtbare Panik vor den anstehenden Uni-Prüfungen hat? Und vielleicht in der Nacht auch noch zurück, weil man am anderen Morgen arbeiten muss?
Ok, mit Schnellladung mag man das notfalls hinbekommen, aber das Schnellladen bis auf 80% der Akku-Kapazität dauert immerhin auch noch 20 bis 30 Minuten. Und wer lümmelt gerne auf dem Heimweg von Arbeit noch eine halbe Stunde (mindesten, wenn man nicht auf eine freie Säule warten muss) unnütz an der Ladestation herum, statt eben mal kurz vollzutanken? Außerdem schadet flottes Aufpumpen dem teuren Akku und die Energieverluste steigen erheblich.
Die Technischen Aspekte
Tatsächlich ist ein Elektromotor für sich gesehen der optimale Fahrzeugantrieb: Er läuft klaglos unter Last an, bringt sein Drehmoment auch bei niedrigen Drehzahlen, ist stufenlos regelbar und braucht daher weder Kupplung noch Getriebe. Außerdem besitzt er nur ein einziges bewegliches Teil, dass sich auch lediglich kommod dreht. Es gibt nichts, was Energie fressend und holperig hin- und hergeht, stößelt oder auch nur unwuchtet. Und etwas, das sich nur dreht, ist billiger zu machen als etwas, das hin- und hergeht. Deswegen hat das Fräsen mit CNC-Werkzeugmaschinen auch das Hobeln und Stoßen in der Metalltechnik bei der Bearbeitung kubischer Werkstücke fast komplett verdrängt. Der rotierende, föderalistische elektrische Einzelantrieb ersetzt natürlich seit Langem die oszillierende, zentralistische Dampfmaschine, aber das hat auch noch andere Gründe. Und bei der Eisenbahn funktioniert die Traktion mittels der elektrischen Männchen schon seit weit mehr als einem Jahrhundert.
Warum taugt der Elektromotor also nicht auch für Gummirutsche und Guffel? Ganz einfach: Eine Werkzeugmaschine bleibt (hoffentlich) fein brav an ihrem zugewiesen Platz stehen und kann daher an unser (bisher noch) zuverlässiges und leistungsfähiges Stromnetz angeschlossen werden. Ein Schienenfahrzeug fährt definitionsgemäß auf seinen Schienen und es ist kein Problem darüber auch noch einen Draht für die Stromzufuhr zu spannen. Aber ein Auto? An der Steckdose? Oder Oberleitungen? Okay, es gibt O-Busse, aber die können ihre vorgegebenen Routen nicht verlassen, so dass man da eigentlich auch gleich Schienenfahrzeuge verwenden könnte, weil energiesparend. Soll man alle Straßen mit stromführenden Maschendraht überspannen, wie er die Autoscooter (aka Boxautos) auf dem Rummel mit Strom versorgt?
Batterie? Wasserstoff?
Mit Dose und Bike kann man – entsprechendes Fahrwerk und Antriebstechnik vorausgesetzt – auf glatten Straßen, aber auch durch tiefen Schnee und durch Schlammlöcher, über Sturzäcker und Wellblechpisten, durch felsige Schluchten, zerwühlte Rückegassen im Wald und durch Wasser fahren; wenn mit Rädern nichts mehr geht, gibt es immer noch Raupenketten. So ein Fahrzeug muss seinen Vorrat an Antriebsenergie mit sich führen; die einfachste und praktikabelste Lösung ist hier ein Tank mit Benzin oder Diesel.
Eine Batterie? Wie viel Prozent des Kaufpreises eines herkömmlichen Autos oder eines Motorrades entfallen auf den Tank? Beim Elektroauto ist das mit Abstand Teuerste die Batterie. Ist die nach acht oder so Jahren am Ende, ist der Wiederverkaufswert gleich Null, denn wer investiert in ein Fahrzeug (zumindest über die Zeit, wenn man immr nur die jeweils kaputten Elemente des Akkus auswechselt) einen erheblichen Teil des Neuwerts, nur um dann ein noch fahrbereites Altfahrzeug zu haben? Wer nimmt ihn Kauf, ein Fahrzeug zu bekommen, mit dem er die Hälfte der Reichweite seines guten alten Verbrenners hat und dann erst mal eine ganze Weile warten muss, bis er weiterfahren kann? Weil das Laden trotz aller Fortschritte und Schönrederei eben doch erheblich länger dauert, als da Betanken eines Verbrenners.
Fritz Indra, ein Altmeister unter den Motorenkonstrukteuren bringt es auf den Punkt, wenn er sagt, das der Kunde nichts kauft, was schlechter ist, als das, was er hat. Dass er offenbar recht hat, sieht man an der Million E-Autos, die 2020 auf unseren Straßen fahren sollten und es nicht tun. Und man wird es 2030 an den 15 Millionen sehen, die es dann auch nicht gibt.
Hybride sind keine Elektrofahrzeuge
Wie? Mittlerweile gibt es fast eine Million E-Autos? In der Tat, man sagt, es sei so. Aber: Bei dieser Zahl sind die Plug-In-Hybridautos mitgerechnet. Und die haben außer dem Elektroantrieb auch noch einen Verbrennungsmotor, mit dem man den Strom erzeugen kann, wenn der Akku leer und keine Zeit zum Laden ist. Und damit ist das Ziel „Aus für Verbrenner“ eben doch nicht zu erreichen.
Wasserstoff und Brennstoffzelle? „Wird aa nix!“ meint Fritz Indra. Warum? Er nennt folgenden Grund, der nicht so offensichtlich ist wie die anderen Probleme mit Wasserstoff und Brennstoffzelle, aber ebenfalls entscheidend: Um genügend Energie für eine brauchbare Reichweite in einem Wasserstofftank vernünftiger Größe unterzubringen, muss man diesen auf 700-800 bar komprimieren. Das erledigen Kompressoren an der Wasserstoff-Tanke. Und das frisst Energie. Jeder der schon einmal einen Fahrradreifen aufgepumpt hat, weiß, dass es Gasen beim Komprimieren sehr warm wird. Ein großer Teil der Energie, die man zum Komprimieren von Gasen einsetzt, geht also in die Kompressionswärme und damit flöten. Die immense Wärme, die so beim Betanken eines Wasserstoff-Fahrzeugs entsteht, muss über Kühleinrichtungen entsorgt werden und ist damit futsch.
Der bekannt bescheidene Wirkungsgrad von Wärmekraftmaschinen wie zum Beispiel dem Ottomotor beruht darauf, dass ein großer Teil der eingesetzten chemischen Energie nicht für Vortrieb sorgt, sondern über Auspuff und Kühlung die Troposphäre heizt. Beim Wasserstoffauto entsteht ein Teil des schlechten Wirkungsgrad dann halt nicht im Motor, sondern an der Tankstelle. Und das verhagelt den gemeinamen Wirkungsgrad von Brennstoffzelle und Elektromotor noch mehr, der an sich auch nicht soooo viel besser ist, als der eines Zerknalltreiblings. Außerdem geht natürlich auch das Kochen von Wasserstoff aus Strom via Elektrolyse nicht ohne Verluste ab.
60% sind das bei der Brennstoffzelle (macht nämlich auch Wärme) und 90% beim Elektromotor ergibt zusammen 54%. Diesel schaffen es heute bereits auf gut 40%. Rechnet man jetzt noch die genannten Verluste beim Betanken ein, wird es vollends bitter.
Davon, dass sich die Brennstoffzelle und der Wasserstofftank für ein Fahrzeug jeweils alleine schon preislich und gewichtsmäßig in der Größenordnung eines entsprechenden Verbrennungsmotors bewegen, braucht man also gar nicht einmal mehr zu reden. Der aufwendige, teure und schwere Wasserstofftank ist dem winzig kleinen Wasserstoffmolekül geschuldet, dass so klein ist, dass es ganz einfach zwischen den Atomen bzw. Molekülen von Feststoffen hindurchkrabbeln und so dem dicksten Stahltank in verhältnismäßig kurzer Zeit entfleuchen kann. Das ist übrigens auch der Grund dafür, warum es nicht die tollste Idee sein dürfte, das Erdgas in unserem Gasnetz mit „grünem Wasserstoff“ strecken zu wollen, um zur Unzeit erzeugten Strom aus volatilen Quellen (Wind und Sonne) zu speichern.
Warum reitet man dieses tote Pferd immer noch?
Offensichtlich sind sich ja alle einig, Regierung und Industrie: Der Verbrenner muss weg! Dass Politiker heutzutage sich nicht mehr an der physischen Welt mit ihren Naturgesetzen wie sie real ist orientieren, sondern daran, wie man gerne hätte, dass sie wäre, nimmt man ja noch kopfschüttelnd hin.
Aber bei der Autoindustrie, sollte man meinen, orientiert man sich doch an der physikalischen Realität? Schließlich verdient ein Unternehmen – anders als Politiker – nur Geld, wenn es Dinge macht, die auch tatsächlich funktionieren. Eigentlich sollte man da doch denken, dass die Autoindustrie doch wohl nicht sehenden Auges in ihr Verderben rennen wird?
Tja, sie tut es scheinbar doch und auch dafür hat Fritz Indra eine einleuchtende Erklärung. Und die kann man ihm glauben, denn er ist zwar als Konstrukteur in Rente gegangen, aber keineswegs weg aus der Szene. Insbesondere ist er als Berater in der Autoindustrie unterwegs, weiß also genau, was man dort macht und warum. Und dort hat er sich auch erklären lassen, warum es den irrationalen Hype um den „Stromer“ immer noch gibt: Es liegt am Diesel-Skandal. Ohne den, so sagt er, wäre das Elektroauto schon lange tot.
Die Leute der Autoindustrie, so berichtet Indras Fritz, haben der Regierung natürlich genau erklärt, warum das mit der „Elektromobilität“ nicht funktionieren kann. Aber da hieß es: „Ihr lügt uns an, das habt ihr nämlich beim Dieselskandal auch gemacht und deswegen glauben wir euch kein Wort mehr! Ihr baut jetzt Elektroautos! Bumms! Aus! Basta!“ Und jetzt müssen die Autobauer tatsächlich wider besseres Wissen E-Autos bauen, bis sie damit vor die Pumpe gelaufen sind und die Politik endlich einsehen muss, das niemand Elektromobilität kann.
Und jetzt überlege man sich mal, was dabei heraus kommen wird: Es wird da jetzt also ein teures Experiment gemacht, von dem jeder, der ein wenig überlegt, weiß dass es schief gehen muss und wird. Klingt lustig, ist es aber ganz und gar nicht: Wenn eine ganze Industrie mit einer neuen Technologie scheitert, wird das viel, viel Geld und wahrscheinlich auch Arbeitsplätze kosten. Der Staat wird für teuer Geld Standorte sanieren und Firmen retten müssen. Und womöglich gehen die Autobauer auch noch her und zerren Vater Staat dafür vor den Kadi, klagen auf Schadenersatz für entgangene Gewinne und sinnlose Investitionen.
Wie das genau ausgehen wird, wissen wir nicht. Wohl aber, wer es bezahlen wird: Wir.
Elektromobilität mit Akku oder Wasserstoff und Brennstoffzelle funktioniert nicht. Bereits ganz einfach deswegen, weil der Verbraucher sie nicht annimmt. Akku-Autos sind unbequem weil das Laden dauert. Wasserstofftankstellen sind aufwendig und deswegen wird es nur wenige geben. Auch das ist unbequem. Und der Kund kauft eben in der Regel nichts, was unbequemer ist, als das was er hat.
Das gilt leider (noch) ebenfalls für das Erdgas-Auto. Allerdings wäre es viel weniger aufwendig, die bestehenden Tankstellen mit Erdgas-Zapfsäulen zu versehen, als deren Ausrüstung mit Wasserstoff-Tankeinrichtungen. Warum Erdgas als Kraftstoff für Verbrenner zielführend wäre, obwohl auch fossil und was es da noch für Möglichkeiten gibt, das soll unter anderem Gegenstand des dritten Teils der Story sein.
Ausnahme: Kleine Roller
Die Vorstellung, mit einem Bike fahren zu müssen, unter dessen Tank kein voluminöser Poltermann oder ein kultiviert schnurrender Vielzylinder werkelt, erfüllt mich mit kaltem Grausen. Bei einer Gattung Zweiräder könnte selbst ich alter Knacker mir allerdings vorstellen, dass sich der Elektroantrieb zumindest einen Teilbereich erobern wird: Ein kleiner Roller ist unabhängig vom Fahrspaß ein geschicktes Fahrzeug für kleine Wege, besonders in der Stadt. Und dass der Elektroantrieb bei kleinen Fahrzeugen auf kurzen Wegen mit viel Stop ans Go gut funktioniert, sieht man daran, dass sich elektrische Flurförderzeuge (wie man Gabelstapler und dergleichen offiziell nennt) schon seit vielen Jahren bewähren. Außerdem nimmt ein Elektromotor es im Gegensatz zu einem Verbrenner nicht übel, wenn man ihn nach kurzer Fahrtstrecke halbwarm wieder abstellt.
Eine „kleine“ Elektromobilität im urbanen Bereich mit E-Rollern und natürlich auch Elektrofahrrädern wäre also durchaus etwas sinnvolles.
Und darum, wie auch Motorräder (und Autos) – sogar ohne Spaßverlust – zukunftsfähig werden können, geht es im zweiten Teil.
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