Placebo oder notwendiger Zusatz?

Bei den meisten Auto-und Motorradfahrern sind sie wohl längst vergessen: verbleites Benzin und Bleiersatz. Für Oldtimerfahrer bleibt die Frage jedoch bestehen, ob Bleiersatz für Oldtimer notwendig ist, welcher das Blei ersetzt, das in deren Jugendtagen im Benzin war.

Um für sich zu entscheiden, ob man den Benzin für das Schätzchen Bleiersatz beigemischt, sollte man wissen, was das Zeug tut – oder zumindest angeblich tut. Gleich zu Anfang: Die ganz alten Eisen vor 1920 brauchen weder Blei noch Bleiersatz. Vor dieser Zeit war nämlich kein Blei im Benzin und die Motoren brauchten es nicht. Ganz einfach deswegen, weil sie bei den damals üblichen geringen Literleistungen weniger aushalten mussten.

DOHC-Ventiltrieb Bleiersatz für Oldtimer
Bei der Frage nach Bleiersatz für Oldtimer geht es um die Ventile. Daher sind Zweitakter nicht betroffen (Zeichnung: Autor)

Was tut der Bleiersatz für Oldtimer?

Der Bleiersatz für Oldtimer soll natürlich das gleiche tun wie das echte Blei im Benzin. Das Blei im Benzin war auch kein metallisches Blei, sondern eine Bleiverbindung namens Tetraethylblei. Diese mischt bei den recht komplizierten Vorgängen bei der Verbrennung im Zylinder mit und verhindert das Klopfen. Der Hintergrund war also, dass die Motoren höher verdichteten und man der durch erhöhten Klopfgefahr durch eine Erhöhung der Oktanzahl begegnen musste.

Der Nebeneffekt war, dass sich – zumindest angeblich – eine Art Schutzschicht auf den Ventilsitzen bildete. Und die soll gewissermaßen als Verschleißschutz beim Aufschlagen der Dichtfläche im Ventilsitzring wirken. Das bedeutet natürlich auch, dass der Bleiersatz nur bei Viertaktern eine Rolle spielt. Für Zweitakter soll er sogar gefährlich sein, da er die Schmierwirkung des Öls in der Zweitaktmischung zerstört!

Jawa Zweitakter; Kein Bleiersatz!
Diese zweitaktende Schätzchen von Jawa kommt auf jeden Fall ohne Bleiersatz aus. Im Gegenteil: Bleiersatz für Oldtimer mit Zweitaktmotor ist gefährlich! (Bild: emkanicepic von Pixabay)

Der Klopfschutz wird bei modernen Kraftstoffen auf andere Art und Weise erreicht. In dieser Hinsicht ist das Blei im Kraftstoff also vollständig ersetzt. Bleibt die Schutzwirkung auf die Ventilsitze, die durch die heutigen Klopfbremsen nicht mehr gegeben ist. Daher also der Gedanke, mit Bleiersatz für Oldtimer diese Wirkung des „echten“ Bleis ist zu erreichen.

Ersatz für den Bleiersatz

Warum aber brauchen neuere Motoren diese Schutzwirkung nicht mehr? Ganz einfach: Die Werkstoffe der betroffenen Teile können mehr ab. Das ist es auch, was es mit dem Umrüsten der Motoren für bleifreies Benzin auf sich hat, über das seinerzeit auch gesprochen worden.

Bleiersatz für Oldtimer: BMW R 25
Bei Viertaktern wie dieser R 25 von BMW schadet der Bleiersatz nicht. Und er beruhigt zumindest die Nerven. (Bild: Tama66 von Pixnio/Lizenz CC 0)

Die Umrüstung auf bleifreies Benzin besteht also darin, alle Teile, vor allem die Ventilsitzringe, die früher von Blei geschützt wurden, durch solche zu ersetzen, die das nicht brauchen. Ob sich das als gesondertes Projekt lohnt, steht auf einem anderen Blatt. Ich würde es aber auf jeden Fall machen, wenn ich einen Motor bzw. den Kopf komplett überhole. Bei einem Moped, bei dem man über Bleiersatz nachdenkt, schadet eine Kopfüberholung sowieso sicherlich nicht. Dann ist man die Sorge um den Bleiersatz für Oldtimer auf jeden Fall los.

Widersprüchliche Aussagen zum Bleiersatz für Oldtimer

Fragt man Fachleute bei den Herstellern, ob Bleiersatz für Oldtimer notwendig sei, gibt es unterschiedliche Antworten. Die einen empfehlen es für Motoren vor einem bestimmten Baujahr. Andere halten es für unnötig. Sprich: Wirksamkeit und Notwendigkeit von Bleiersatz für Oldtimer sind umstritten.

Moto Guzzi in blau
Auch diese alte Guzzi-Guffel nimmt den Bleiersatz nicht übel, denn auch wenn sie untypischerweise blau ist, ist sie natürlich ein Viertakter. (Bild: pxhere.com)

Auch Fahrer und Besitzer von Oldies sind offenbar geteilter Meinung. Die einen verwenden das Additiv konsequent. Andere wieder verweisen darauf, dass sie schon so und so lange ohne Bleiersatz fahren und keine nachteiligen Wirkungen bemerken. Möglicherweise hängt die Notwendigkeit von Bleiersatz für Oldtimer aber auch davon ab, was man dem Motor abverlangen.

In letzter Konsequenz geht es ja um Verschleiß. Und der hängt ja auch davon ab, was ein Motor leisten muss. Und so ist es logisch, dass Schutzmaßnahmen bei stärker belasteten Motoren eher zum Tragen kommen als bei schonend betriebenen.

Fazit

Autos und Motorräder, die für den Gebrauch von Bleiersatz für Oldtimer infrage kommen, sind mittlerweile ziemlich alt. Meine Elfie ist schon fast ein Oldtimer, wurde aber schon für bleifreies Benzin gebaut.

Fahrzeuge, die so alt sind, dass sie noch für verbleites Benzin gebaut worden, dürften in der Regel einen nicht ganz unerheblichen Wert besitzen. Unumstritten ist, dass der Bleiersatz für Oldtimer auf keinen Fall schadet. Zweitakter natürlich ausgenommen!

Ventilsitzfräsen
Ventilsitzfräsen in den Days of Auld. Geht aber heute im Prinzip noch genauso. (Bild: Bundesarchiv, Bild 183-09242-0002 / CC-BY-SA 3.0)

Benutzt man ihn bei Viertaktern, ist man auf der sicheren Seite. Angeblich soll das Zeug heute ja auch umweltfreundlich sein. Echte Oldies kosten sowieso allerhand Geld. Da kommt es meiner Ansicht nach auf die Mehrausgabe beim Tanken auch nicht mehr so sehr an. Und man hat das Gefühl, seiner betagten Viertakt-Guffel oder ältlichen Gummirutsche (Zweitakter natürlich auch ausgenommen) etwas Gutes zu tun.

Und wenn man im Rahmen der Restauration den Zylinderkopf überholt, kann man ja auch gleich die entsprechenden Teile in für Bleifrei geeigneter Ausführung verbauen. Auch damit ist man auf der sicheren Seite.