Dichtung und Wahrheit
Natürlich ist es einfacher und besser, eine kaputte Gehäusedichtung durch eine neue zu ersetzen. Wenn man denn eine bekommen kann. Ist vorgefertigter Ersatz nicht erhältlich, muss sich der Schrauber halt selbst helfen. Wenn man weiß wie, kann man ohne weiteres eine Papierdichtung selber machen. Dichtungspapier kann man in allen möglichen Stärken kaufen und das Werkzeug dazu sollte eigentlich in einem (Schrauber)-Haushalt vorhanden sein.
Wenn ich bisher für meine Elfie mal eine Dichtung gebraucht habe, konnte ich zum Glück bisher immer fertigen Ersatz bekommen. Trotzdem stand dieser Tage bei mir in der Schrauberbude das Thema „Papierdichtungen selber machen“ auf dem Programm. Und zwar gab es Probleme mit meinem Drucklufterzeuger aka Kompressor. Der blies nämlich an den Zylinderköpfen durch. Das macht einen herrlichen Krach, aber das Ding baut nicht mehr so viel Druck auf, dass es sich selbsttätig abschaltet. Außerdem hat das Ding schließlich auch anständig zu funktionieren.
Ersatz nicht erhältlich – Papierdichtung selber machen ist angesagt
Eine Zylinderkopfdichtung für einen Motor kann man natürlich nicht aus Papier machen. Wenn da kein Ersatz erhältlich ist, fällt mir nur Kupferblech ein. Das habe ich allerdings noch nicht probiert. Bei einem Kompressor ist aber erstens der Druck im Zylinder niedriger als beim Motor und zweitens auch die Temperatur. Hier kann man problemlos eine Papierdichtung selber machen, wenn das Original kaputt ist.
Schlecht über Baumärkte denkend wie ich eben bin, ging ich davon aus, dass es für ein Baumarktprodukt wie meinen Kompressor keine Ersatzteile gibt. Gibt es doch wie ich mittlerweile festgestellt habe. Im Ersatzteilshop des „Herstellers“ (lies: Chinaware-Importeur). Lieferzeit: 3–5 Werktage. Und sogar bezahlbar.
O. k., das wäre also auch eine Möglichkeit gewesen. Aber: Mein Kompressor muss laufen und nicht 3-5 Werktage auf ein Ersatzteil warten. Außerdem waren es insgesamt drei Dichtungen die ich im Laufe der Reparatur zu machen hatte. Und das wusste ich am Anfang noch nicht. Beim ersten Zylinder ersetzte ich die original verbaute Dichtung aus Gummischnur durch eine selbst gemachte aus Dichtungspapier. Vergebliche Liebesmüh‘! Tatsächlich dichtet sie wunderbar, aber hier lag die Ursache nicht. Der Kompressor blies nämlich weiterhin durch.
Noch eine Dichtung
Das Problem lag sozusagen einen Stock tiefer. Auf dem Zylinder liegt nämlich nicht direkt der Zylinderkopf auf, sondern erst einmal die sogenannte Ventilplatte. Mit Dichtung natürlich – Ventilplattendichtung heißt das Ding, wie ich im Internet herausgefunden habe. Und hier ist auch im Original eine Dichtung aus Dichtungspapier verbaut. Und auf der Ventilplatte sitzt dann der Zylinderkopf. Der Kompressor blies also nicht an der Zylinderkopfdichtung durch, sondern an der Ventilplattendichtung.
Papierdichtung selber machen war also ein weiteres Mal angesagt. Und wie schön: Dieser Zylinder war jetzt einwandfrei dicht. Aber was musste ich feststellen? Der andere Zylinder blies ebenfalls durch. Also: ein weiteres Mal Papierdichtung selber machen. Für die Ventilplatte des anderen Zylinders. Und jetzt läuft er wieder wunderbar.
Selber schnibbeln statt auf Bestellung warten
Lieferzeit 3-5 Werktage. Mal drei. Die Papierdichtung selber machen war also im Nachhinein doch die bessere Lösung. Auch wenn ich fälschlicherweise davon ausgegangen war, dass Ersatz nicht oder nur schwer erhältlich sei.
Um ehrlich zu sein: Ich ich war eigentlich davon ausgegangen, dass ich das Teil im Baumarkt bestellen muss. Und mit Baumarkt-Mitarbeitern habe ich leider so meine Erfahrungen gemacht. Einmal brauchte ich einen Druckminderer für mein Sigmaschweißgerät, weil ich die Corgonflasche umgeschmissen hatte, was der nette, kleine Manometer am Druckminderer nicht überlebt hatte.
Der freundliche Fachverkäufer mit hoher Kompetenz meinte, dass er mir hier zwei Artikel anbieten könne. Dass eine war tatsächlich ein Druckminderer für Schutzgasflaschen. Das andere war ein Schweißbrenner, zu dem auch die beiden Druckminderer für Gas und Sauerstoff gehörten. Vielleicht bin ich ja etwas hart mit meinen Mitmenschen. Aber ich finde, dass ein Fachverkäufer in in der Werkzeugabteilung eines Baumarkts doch etwas Ahnung von dem Zeux haben sollte, dass er verkauft. Und den Unterschied zwischen Autogen- und Sigmaschweißen kennen.
Und so jemandem wollte ich halt nicht erklären müssen, was für ein Ersatzteil ich für meinen Kompressor benötigte. Außerdem ging ich mal davon aus, dass es sehr lange dauern würde, wenn man in einem Baumarkt etwas bestellt. Ungefähr wie bei einer Behörde. Aber auch nur, wenn man nicht den gefühlt häufigsten Satz aus dem Repertoire der Baumarktisten zu hören bekommt: „Haben wird (leider) nicht.“ Also war eben Papierdichtung selber machen angesagt.
Eine Papierdichtung selber machen: so geht’s
Ich weiß ja, ich bin ein elender Schwafler. Kommen wir also zurück zum Thema: Zum Papierdichtung selber machen braucht man nicht viel. In meinem Fall waren es ein Holzbrett, eine Schere, ein Cutter, meine Handbohrmaschine, gerüstet mit einem Holzbohrer, ein Bleistift und vier Schrauben mit passenden Karosseriescheiben. Ach ja, und noch eine Schraubzwinge.
Ein alter Schlossertrick besteht darin, die Schraublöcher in einer Papierdichtung mit einer Kugellagerkugel und einem Hammer heraus zu stanzen. Man legt dazu das Papier auf die Dichtfläche des Gehäuses und die Kugellagerkugel auf eine der Bohrungen. Dann haut man mit dem Hammer drauf. Erfolg: ein wunderschönes, sauberes Loch in genau dem richtigen Durchmesser. Da steckt man dann eine Schraube mit einer möglichst großen Karosseriescheibe rein, um das Papier in der richtigen Position zu halten. Dann macht man das nächste Loch, fixiert mit einer Schraube usw. Wenn man den Gehäusedeckel, in dem die Durchgangslöcher und nicht die Gewindebohrungen sind, als Schablone nimmt, braucht man noch Muttern, um die Schrauben festziehen zu können.
Das Dichtungspapier ist jetzt schön auf dem Teil mit der Dichtfläche fixiert. Jetzt kann man den inneren Umriss sauber mit einem Cutter ausschneiden. Den äußeren Umriss schneidet man mit einer Schere und guter Zugabe erst einmal grob aus. Dann baut man die Dichtung ein und schneidet den Überstand wieder mit dem Cutter sauber bündig ab.
Papierdichtung selber machen bei Aluminiumgehäusen
Der Trick mit der Kugellagerkugel und dem Hammer, den ich vor über 40 Jahren als Schlosser in einer Armaturenfabrik gelernt habe, geht aber nur, wenn Gehäuse bzw. Deckel das aushalten. Damals hatte ich es mit schweren Schiebergehäusen aus Grauguss zu tun. Bei einem Getriebedeckel aus Aluminiumguss lässt man das besser bleiben. Und auch bei den Zylinderköpfen meines Kompressors. Die sind nämlich auch aus Aluminium. Außerdem liegen sie nicht satt auf, wenn man sie umgekehrt hinlegt.
Deswegen ging ich beim Papierdichtung selber machen für meinen Kompressor anders vor. In so einem Fall legt man das Dichtungspapier auf eine plane Holzunterlage. Darauf kommt das Teil, für das die Dichtung bestimmt ist. Natürlich mit der Dichtfläche nach unten. Fixiert wird das Ganze mit einer Schraubzwinge. Nun bohrt man mit einem passenden Holzbohrer durch die Schraubenlöcher und das Papier bis ins Holz. Ein Holzbohrer sollte es deswegen sein, weil der außen zuerst anfängt zu schneiden und nicht in der Mitte wie ein Spiralbohrer für Metall.
So bekommt man auch in so einem Fall brauchbare Schraubenlöcher in das Dichtungspapier. Den Rest macht man dann wie bereits beschrieben.
Karlheinz Napping
Das Risiko, beim zuletzt beschriebenen Vorgehen das Werkstück, für welches die Dichtung bestimmt ist, zu beschädigen, wäre mir zu groß:
Mit einem Holzbohrer, der immerhin auch aus Stahl ist, im Schraubenloch eines Aluminiumteils herumbohren? Lieber nicht!
Ich erinnere mich noch an die Methode, das Werkstück, für welches die Dichtung gemacht werden soll, auf der Dichtfläche mit irgend einer Farbe, z.B. von einem Stempelkissen, einzufärben und damit einen Stempelabdruck auf den Dichtungspapier zu machen.
Die Schraubenlöcher stanzt man dann nach dem Ausschneiden mit einem Locheisen oder – wenn es passt – mit einem ordinären Locher.
Hält bei meinem Thermostat am Motorrad seit Jahren.
Statt extra Dichtungspapier kann man auch sehr schön den Kartoneinband von Versandhauskatalogen nehmen!