Der Weg der KTM Motorräder – Vom Schulhof bis zur Rennstrecke
KTM ist heute kein Mopedmacher mehr, sondern ein wichtiger Hersteller von „richtigen“ Motorrädern. Wie so manche der heute noch existierenden Motorradmarken hat es auch dieses Unternehmen nicht immer leicht gehabt, bis es den Status des größten europäischen Motorradherstellers erreicht hatte und KTM Motorräder zudem ein gewichtiges Wörtchen im Rennsport mitreden konnten.
Die Marke KTM tauchte in meiner Mopedzeit, also in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre auf einmal in meinem Blickfeld auf, und zwar als Konkurrent der damaligen drei großen Player Hercules, Kreidler und Zündapp als Hersteller von Mokicks und Kleinkrafträdern für uns Kids der 70er Jahre. Als dann um 1980 die 80er Leichtkrafträder die Kleinkrafträder ersetzten, war die Marke auch in Deutschland schon eine feste Größe, geriet aber wie die großen Drei in der Folge zunehmend unter den Druck der japanischen Konkurrenz.
Hercules, Zündapp und Kreidler sind längst Geschichte. KTM verschwand auch aus meinem Blickfeld, als ich mich viele Jahre kaum für Motorräder und erst recht nicht für Mopeds interessierte. Daher war ich natürlich erstaunt, dass mir dann als Born Again Biker auf einmal richtige Motorräder dieser Marke begegneten. Und es war auch in der Szene viel die Rede von Herrn Trunkenpolzens heißen Produkten. KTM Motorräder mischten jetzt überall ganz vorne mit.
Wie alles begann
Die Geschichte der KTM Motorräder ist nicht ganz so lang wie die von anderen Marken wie BMW oder Triumph, reicht aber doch bis in die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg zurück. 1934 gründete ein gewisser Hans Trunkenpolz in Mattighofen in Oberösterreich eine Schlosserwerkstatt. Offensichtlich konnten sich auch dort schon damals ein paar Leute Autos oder Motorräder leisten. Deshalb wurde die Schlosserei des Herrn Trunkenpolz schon bald darauf um eine Auto- und Motoradwerkstätte erweitert.
Nach dem Krieg tauchte dann der Name KTM erstmalig in der Geschichte des Unternehmens auf. Zunächst stand die Buchstabenfolge für „Kraftfahrzeuge Trunkenpolz Mattighofen“. Etwas später, als ein Herr Ernst Kronreif als Partner in das Geschäft eintrat, wurde sie zu „Kronreif und Trunkenpolz Mattighofen“ umgedeutet. Irgendwie muss auch ein Herr Moser mit der Sache zu tun haben: Bevor der Firmenname KTM entstand, hieß das Unternehmen eine Zeit lang Firma Moser & Co.
KTM baut eigene Motorräder
Das erste Motorrad, das ab 1953 hergestellt wurde, hieß auch noch Moser-KTM. 1980 wurde KTM wieder einmal umbenannt und zwar in KTM Motor-Fahrzeugbau KG. Aber da war aus der kleinen Motorradbude schon längst eine richtige Fabrik geworden. Diese erzielte Mitte der achtziger Jahre einen Umsatz von umgerechnet 50 Millionen Euro. Interessant ist auch, dass KTM das große Sterben der Motorradmarken überlebte. Offensichtlich war man flexibel genug, richtig in das 50-cm³-Segment einzusteigen. Das war auch die Strategie, mit der Hercules und Zündapp ebenfalls zunächst überleben konnten.
Vermutlich war es so, dass mit dem steigenden Lebensstandard das Auto zunächst das deutsche Butter-und-Brot-Motorrad meuchelte. Das war im Grunde wohl nur ein Behelf, solange sich die Leute noch keine Autos leisten konnten. Der weiter steigende Wohlstand ermöglichte in der Folge aber dann auch die Motorisierung der Kids: Mit Mofas, Mopeds, Mokicks und Kleinkrafträdern. Es entstand ein neuer Kundenkreis für die Zweiradhersteller, die schon Papis Moped in den 50ern gebaut hatten und nun die Kids motorisierten. Daneben waren KTM Motorräder aber auch als Motocross-Motorrädern in den Klassen 125 ccm und 250 ccm unterwegs. Zu dieser Zeit war aber schon Erich Trunkenpolz am Ruder, der Sohn des bereits 1962 verstorbenen Hans Trunkenpolz.
Böse Zeiten für KTM Mtorräder
KTM war nun in den achtziger Jahren sehr erfolgreich. Aber die Japaner rollten auch den Markt der Fünfziger und Achtziger Mopeds und Leichtkrafträder auf. So war KTM Ende der 1980er Jahre böse in Schieflage geraten und wurde von den Gläubigerbanken übernommen. Für bescheidene 55 Millionen Schilling, also ungefähr 4 Millionen Euro wechselte das Unternehmen den Besitzer. Und dann wurde es von einer Holding aus zwei Importeuren und zwei deutschen Unternehmern neu gegründet. Es entstand die Firma KTM-Sport Motorcycles. Von den ehemals 360 Arbeitsplätzen waren noch 190 übrig geblieben. Auch Erich Trunkenpolz lebte zu dieser Zeit bereits nicht mehr; es erlebten also weder der Senior noch der Junior den ganz großen Erfolg von KTM.
Zunächst baute KTM sportliche Offroad-Motorräder, 1994 mit der 620 Duke, einem dicken Einzylinder-Caferacer, das erste Straßenmotorrad. KTM machte sich jetzt in beiden Segmenten einen ganz neuen Namen, war nun kein Mopedmacher mehr, sondern ein richtiger Motorradbauer.
KTM Motorräder heute
2012 hatte KTM es geschafft, der größte Motorradhersteller Europas zu werden. Die Modellpalette der Firma umfasst Enduros auch und Straßenmotorräder. Daneben baut KTM auch Autos, nämlich einen reinrassiger und kompromisslosen Supersportwagen, der auch im Rennsport eingesetzt wird. Die Motorräder von KTM fahren, ob auf Straßenrennstrecken oder Motocrossbahnen, ganz vorne mit. Schon seit längerer Zeit kommen auch die Motorräder der Marke Husqvarna von KTM. Bereits 2013 hat das Mattighofener Unternehmen die Motorradsparte des Husqvarna-Konzerns übernommen und nennt sich seit 2019 Pierer Mobility. Unter diesem Dach werden nun die Marken KTM, Husqvarna und GasGas (2019 übernommen) produziert.
Alles in allem also eine interessante Geschichte. Da verschwindet ein kleiner Motorradhersteller, der in der Zeit des Motorradbooms der Fünfzigerjahre entstanden ist, nicht mit den anderen. Zunächst weicht er auf den Mopedsektor aus. Da konnte man in den Siebzigern und Achtzigern noch etwas verdienen. Als auch hier nicht mehr viel geht, mausert er sich zu einem renommierten Hersteller großer Motorräder. Schließlich nimmt er seinen Platz unter den Großen weltweit ein. Wenn das Herr Trunkenpolz & Sohn noch hätten erleben dürfen!
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