Von der englischen Lady zur China-Schickse
Einst gehörten AJS Motorräder zu den Berühmtheiten von der Insel. Ihre Rennerfolge in den alten Tagen machten die Marke zu einem glorreichen Namen. Ganz verschwunden ist sie nicht, aber die heutigen AJS Motorräder sind mit den Originalen nicht zu vergleichen.

Irgendwie sind sie fast alle immer noch da, aber nicht alle sind mehr das Gelbe vom Ei. Triumph hat sich wieder aufgerappelt und konnte mit seinen 2,5-Liter-Boliden sogar einen ersten Platz bei der MOTORRAD-Leserwahl zum Motorrad des Jahres einheimsen. Und das sogar vor der R 18 von BMW! Norton versucht es redlich mit Motorrädern, die den Markennamen auch verdienen. BSA ist zurück und der neue inhaber der Marke versucht an die Traditionen des Originals anzuknüpfen. Matchless hat noch keinen gefunden, der den Namen wieder belebt. AJS Motorräder sind eigentlich immer da gewesen, machen aber heute nicht mehr viel von sich reden. Leider zu recht.
AJS Motorräder in den alten Tagen
AJS Steht für Albert John Stevens. Der Junior der Stevens Schraubenfabrik (war wohl aber eher eine Maschinenfabrik oder mechanische Werkstätte) in Wolverhampton interessierte sich schon früh für Verbrennungsmaschinen. Seinen ersten Motor baute er bereits 1897. Zunächst blieb es beim Motorenbau. Aber mit der Zeit überlegte er sich, dass mit Motorrädern mehr Geld zu verdienen sei. Albert John hatte noch drei Brüder, die so wie er gerne und gut Motorrad fuhren. Zusammen gründeten sie 1909 eine Firma namens A. J. Stevens & Co Ltd. Die AJS Motorräder waren geboren.

Gleich das erste Modell mit knapp 300 cm³ Hubraum besaß ein Zweiganggetriebe. Das nächste Modell war mit einem V2-Motor bestückt, hatte 800 cm³ Hubraum und drei Gänge. AJS Motorräder verkauften sich gut. Um die Produktion der Nachfrage folgen zu lassen, brauchte es aber mehr Kapital. So wurde 1914 eine Aktiengesellschaft gegründet. Noch im gleichen Jahr gab es den ersten Sieg bei der Junior-TT.
In den zwanziger Jahren liefen die Geschäfte mit den Bikes von AJS recht gut. Die Maschinen waren schnell und auch innovativ. Bald bekamen AJS Motorräder auch hängende Ventile und die Seitensteuerungen verschwanden irgendwann. Bereits 1927 hatte man einen Motor mit obenliegender Nockenwelle für eine Rennmaschine gebaut. Das stärkste Modell war eine Tausender mit längs eingebauten V2-Motor. Damit reihten sich die AJS Motorräder in die Tradition der alten englischen Big Twins ein, wie es sie bei Vincent und bei den Motorrädern gab, die JAP-Motoren eingebaut hatten.

Schieflage, Übernahme und neue Erfolge
Gegen Ende der zwanziger Jahre baute AJS auch Lieferwagen und begann Radiogeräte herzustellen. Außerdem gab es auch noch PKWs. Vermutlich war es die Unübersichtlichkeit der Aktivitäten, die letztendlich das Unternehmen in Schieflage brachte.
Die Stevens mussten schließlich ihr Unternehmen verkaufen. AJS Motorräder kam zu den Gebrüdern Collier. Die besaßen bereits die beiden Marken Matchless und Sunbeam. Die Produktion zog nach Plumstead um. Dort wurden die Motorräder der Marke AJS nun zusammen mit den Matchless gebaut .
1938 baute AJS eine Rennmaschine mit einem quer eingebauten V4-Motor von 500 cm³ Hubraum. Die bekam später auch eine Wasserkühlung. Trotzdem hatte sie aber immer thermische Probleme mit den hinteren Zylindern. Im Zweiten Weltkrieg hatte AJS auf Rennmaschinen mit Kompressor gesetzt. Nach dem die aufgeladenen Motoren aber nach dem Krieg verboten worden waren, fiel die Firma im Rennsport erstmal zurück.

Noch einmal gelang AJS ein großer Wurf mit einem Rennmotorrad: 1949 kam die AJS 7R „Boy-Racer“ heraus. Sie war die ganzen fünfziger Jahre erfolgreich bei der Junior TT. Sie wurde sogar zu einer der erfolgreichsten Rennmaschinen der Welt. 1961 endete die Produktion dieses Motorrads und 1965 wurde AJS komplett abstinent vom Rennsport.
Der Niedergang der AJS Motorräder und die kläglichen Reste
Es kam auch noch Norton hinzu. 1966 wurden alle drei Marken zu der neuen Firma Norton-Villiers zusammengefasst. 1968 schließlich auch noch die Stilllegung der Fertigung. Jetzt waren die AJS Motorräder erst mal verschwunden. Unterdessen wurde auch noch Triumph geschluckt und die Firma hieß nun Norton Villiers Triumph, kurz NVT.
Ein ehemaliger Mitarbeiter dieses Zombies der ehemals glorreichen englischen Motorradindustrie, ein Ingenieur namens Fluff Brown aber nahm sich 1974 der AJS Motorräder an. Er erwarb die Rechte am Markennamen und baute fortan Motocrossmaschinen mit Zweitaktmotoren von 250 cm³ und 350 cm³.
Mittlerweile hat AJS ein Werk in China. Dort werden dürftige Güffelchen mit 125 cm³ gebaut, die bei etwas gutem Willen entfernt an so etwas ähnliches wie klassische englische Bikes erinnern. Außerdem schraubt man dort ärmliche Chöpperlein mit wenig Hubraum zusammen. So kann eine ehemals klangvolle Marke auf den Hund kommen.
Es gibt übrigens eine sehr gute Website, die sich mit den richtigen Motorrädern von AJS beschäftigt: vintage-ajs.de. Dort kann man noch viel mehr über diese legendären Maschinen erfahren.
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